Unter bestimmten Bedingungen kann bei Vorhofflimmern auf die Einnahme von Gerinnungshemmern verzichtet werden. Wann dies der Fall ist, wird allerdings von Medizinern teilweise sehr unterschiedlich beantwortet, wie nicht zuletzt das folgende Beispiel aus der Herzstiftungs-Sprechstunde zeigt. Eine Patientin hatte dabei von ihren Ärzten widersprüchliche Empfehlungen erhalten und deshalb bei der Herzstiftung nachgefragt.
Die Sprechstunden-Frage im Wortlaut:
Im Sommer 2016 musste ich mich einer Aortenklappenoperation unterziehen. Wenig später wurde mir ein Herzschrittmacher eingesetzt. Seither habe ich regelmäßig auftretendes Vorhofflimmern – das sagen mir die Ärzte jedes Mal bei der Schrittmacherkontrolle. Ich merke aber gar nichts davon. Als Medikament nehme ich den Blutgerinnungshemmer Rivaroxaban ein, 20 Milligramm pro Tag. Während der Aortenklappenoperation wurde das linke Herzohr verschlossen. Aufgrund dessen, hat mir meine Kardiologin kürzlich gesagt, könne man die Dosis des Blutgerinnungshemmers reduzieren. Bei der Schrittmacherkontrolle hingegen haben mir die Ärzte geraten, die Dosis unverändert beizubehalten. Nun brauche ich Ihren Rat: Kann man nach einem chirurgischem Herzohrverschluss die Gerinnungshemmung reduzieren oder gar beenden? Oder kann man das nicht? Das scheint mir doch alles recht widersprüchlich zu sein. (Susanne L., Pforzheim)
Experten-Antwort:
Mit diesem Problem sind Sie nicht alleine – leider gibt es bislang keine offizielle Empfehlung, wie nach einem chirurgischen Herzohr-Verschluss mit der Einnahme von Gerinnungshemmern umzugehen ist. Das erklärt die oft widersprüchlichen Aussagen, wie sie auch bei Ihnen erfolgt sind.
Hintergrund-Info: Bei Vorhofflimmern kommt es in den Vorhöfen typischerweise zu deutlich veränderten Strömungsverhältnissen. Eine der großen Gefahren ist dann die Entstehung von Blutgerinnseln, die mit dem Blutstrom ins Gehirn gelangen und dort einen Schlaganfall verursachen. Zu einem Großteil entstehen die Blutgerinnsel dabei in den Herzohren, die eine normale Ausstülpung der Vorhöfe an der Herzoberfläche darstellen. Um die Gerinnsel-Entstehung in den Herzohren zu verhindern und damit die Schlaganfall-Gefahr zu senken, kann ein Herzohr-Verschluss grundsätzlich auf zwei unterschiedliche Arten erfolgen: 1. per Katheter vom Inneren des Herzens aus (Zugang z. B. über eine Ader in der Leiste oder im Bereich des Unterarms) oder 2. mit einem chirurgischen Eingriff von außen, was im Rahmen von Herz-OPs oft einfach miterledigt wird und wie dies z. B. im oben genannten Fall bei der Aortenklappen-OP gemacht wurde.
Studien stützen Absetzen von Gerinnungshemmern
Es gibt wissenschaftliche Studien, die den Verschluss des Herzohrs untersucht haben. Jedoch erfolgte der Verschluss dabei nicht wie bei Ihnen mit einem chirurgischen Eingriff von außen, sondern vom Herzinneren aus per Katheter. In den Untersuchungen gab es zwei Patientengruppen – einmal mit und einmal ohne Antikoagulation, also einer medikamentösen Blutgerinnungshemmung. Die Ergebnisse dieser Studien sprechen dafür, dass eine Antikoagulation wegen Vorhofflimmerns nach einem Verschluss des linken Herzohrs ausgesetzt werden kann.
Allerdings gibt es entsprechende Studien bislang nicht für den Verschluss des Herzohrs auf chirurgischem Weg von außen, wie er bei Ihnen erfolgt ist. Deshalb gibt es auch noch keine offizielle Empfehlung. Dem Prinzip nach sollte es aber egal sein, auf welche Weise das Herzohr verschlossen wurde. Daher wird oft in Analogie gehandelt, also der Gerinnungshemmer auch bei einem chirurgischen Verschluss des Herzohrs abgesetzt.
Wichtig: Dichtigkeit testen lassen
Bevor man auf die Blutverdünnung verzichtet, sollte jedoch unbedingt eine sorgfältige Überprüfung der Dichtigkeit des chirurgischen Verschlusses erfolgen, also ob tatsächlich kein Blutfluss mehr zwischen dem Herzohr und dem Vorhof stattfindet. Denn abhängig von der angewendeten chirurgischen Technik kann das Herzohr auch einmal wieder aufgehen oder der Verschluss war von Anfang an nicht vollständig, sodass sich im Herzohr möglicherweise weiterhin Blutgerinnsel bilden können.
Meine Empfehlung:
Der Verschluss des Herzohrs sollte im Anschluss an den Eingriff immer mit einer speziellen Ultraschall-Untersuchung, einer sogenannten transösophagealen Echokardiographie, nachgewiesen werden. Dafür wird ein dünner Schlauch über den Mund in die Speiseröhre eingeführt, weshalb landläufig auch von Schluckecho gesprochen wird (Oesophagus = Speiseröhre, trans = hindurch). Wegen der unmittelbaren Nähe der Speisröhre zur Hinterseite des Herzens ist damit eine bessere Beurteilung der Vorhöfe inkl. Herzohren möglich, als dies bei einer Echokardiographie von außen durch den luftgefüllten Brustkorb der Fall ist. Wenn sich mit dieser sehr zuverlässigen Untersuchungstechnik dann zeigt, dass der Herzohr-Verschluss tatsächlich vollständig ist, kann auf die Antikoagulation verzichtet werden.
Experte
Prof. Dr. med. Torsten Doenst, Mitglied im Wissenschaftlichen Beirat der Deutschen Herzstiftung und Direktor der Klinik für Herz- und Thoraxchirurgie Jena. Zu den Schwerpunkten des Herzspezialisten zählen u. a. die minimal-invasive Herzchirurgie, komplexe Herzklappenrekonstruktionen (Aorten-, Mitral-, Trikuspidalklappen) und minimalinvasive Ein- und Mehrfachklappeneingriffe inkl. Rezidivoperationen.
Ich möchte nur eine begrenzte Mitgliedschaft haben, habe keine Möglichkeit gefunden.
Hallo Herr Dr.med. Thomas Meiners,
Bitte zögern Sie nicht, sich an unser engagiertes Team vom Mitgliederservice unter der E-Mail-Adresse [email protected] zu wenden. Wir stehen Ihnen gerne zur Verfügung, um gemeinsam mit Ihnen alle Möglichkeiten einer Mitgliedschaft zu besprechen.
Viele Grüße
Ihre Deutsche Herzstiftung
Danke dieser Beitrag war für mich sehr hilfreich. Jetzt verstehe ich auch die für morgen geplante Untersuchung bei meiner Mutter (82 Jahre) 2012 Aortenklappenersatz, seit Februar Vorhofflimmern und aktuell einen stummen Herzinfarkt und immer wiederkehrende starke Wassereinlagerung in den Beinen. Seit 2012 ASS und seit 5 Wochen zusätzlich Xarelto.
Habe auch einen Herzohr verschluss bekommen, trotzdem hab ich ab und zu noch starke Herzrytmusstörungen, kann ich das Medikament Flecainid nehmen,dieses hatte ich schon einige Jahre genommen das hilft mir damit ich nicht diese Rytmusstörungen bekomme.
Vielen Dank für Ihren Kommentar. Bitte haben Sie Verständnis, dass wir keine Stellungnahmen/ Empfehlungen zu den Medikamenten, Nebenwirkungen etc. geben können Unsere Expertenberichte beziehen sich auf Studien. Alles Gute und herzliche Grüße! Ihre Deutsche Herzstiftung
Sehr interessant weil ich auch diesen Herzohrverschluss machen lassen soll da ich nach Marcumar - jetzt Eliquis - schlimme Nasen- und Augen-einblutungen erlitten habe daran diese Blutverdünner schuld sind. Danke für Ihre so wichtige und nachvollziehbare Aufklärung.
Sehr gute Information, bei mir stellt sich momentan die Frage. Ich habe biologischen Herzklappenersatz, ICD, Vorhoflimmern, eine Gerinnungsstörung u. andere Diagnosen. Es kam jetzt zu inneren Blutungen (Teerstuhl). Die Magen-Darmuntersuchungen blieben ohne Ergebnis. Jetzt wird Kontakt mit meinem Kardiologen im DHZB aufgenommen. Sofern es eine Katheterbehandlung ist, ist es für mich eine gute Option. Danke
Bei mir soll auch ein Herzohrverschluss stattfinden, aber ich habe grosse Angst davor, habe Bluthochdruck und leide unter Polycytaemia Vera.
Ihre Ausführungen zu den einzelnen Themen sind für Patienten sehr hilfreich
Natürliche Gerinnungshemmer, wie sie z.B. in den meisten Nahrungsergänzungsmitteln gegen Arthrose enthalten sind sowie Omega 3 aus Fisch- und ganz besonders aus Krill-Öl können chemische Gerinnungshemmer überflüssig machen. Die Umstellung muss schleichend erfolgen und durch INR-Werte bestätigt werden.