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Lungenhochdruck (pulmonale Hypertonie)

Ein erhöhter Blutdruck in der Lunge kann unterschiedliche Ursachen haben. Eine präzise Diagnose ist für die Behandlung unumgänglich.

Wie entsteht Lungenhochdruck?

Das Versorgungsystem des menschlichen Körpers besteht aus einem großen Körperkreislauf und einem kleinen Lungenkreislauf. In diesem Herz-wichtigen dualen Blutkreislaufsystem findet der lebensnotwendige Gasaustausch statt. Sauerstoffreiches Blut aus der Lunge wird über die linke Herzhälfte und die Hauptschlagader (Aorta) in den gesamten Körper (Organe, Gewebe, Zellen) transportiert. Im Gegenzug werden Kohlendioxid und Abfallstoffe aufgenommen und gelangen über die Venen in die rechte Herzhälfte. Dort beginnt der kleine Kreislauf: Das sauerstoffarme Blut gelangt über die Lungenarterie des kleinen Kreislaufs zurück zur Lunge, Kohlendioxid wird ausgeatmet und das Blut neu mit Sauerstoff beladen. Es gelangt dann wieder über die Lungenvene zurück bis in die linke Herzkammer. Mit dem nächsten Schlag des Herzens beginnt der Körperkreislauf erneut.

In den beiden Kreisläufen ist der Blutdruck unterschiedlich. Da der Körperkreislauf größer ist und das Blut einen größeren Widerstand überwinden muss, beträgt dort der Blutdruck bei gesunden Menschen 120/80mmHg. Beim Lungenkreislauf handelt es sich hingegen um ein sogenanntes Niederdrucksystem, hier liegt der Blutdruck nur bei circa 20/8 mmHg. Er ist auch so reguliert, dass er auch unter Belastung nicht nennenswert steigt. Dies erfordert allerdings eine gewisse Dehnbarkeit der Lungengefäße, vor allem der kleinen Artrien (Arteriolen). Je enger die Lungengefäße sind, beispielsweise aufgrund der Flüssigkeitsansammlungen oder krankhafte Veränderungen, desto mehr muss das Herz arbeiten, das Blut von der rechten Seite des Herzens zu den Lungen zu transportieren. Dies führt dazu, dass der Druck sowohl in der Lungenarterie als auch in der rechten Herzkammer steigt. Dieser Zustand wird als Lungenhochdruck, fachsprachlich „pulmonale Hypertonie (PH)“ bezeichnet. Schätzungsweise bei knapp jedem zehnten Menschen über 65 Jahren liegt ein Lungenhochdruck vor.

Definitionsgemäß spricht der Arzt von Lungenhochdruck, wenn der Blutdruck in den Lungenarterien (Mitteldruck) dauerhaft über 25 mmHg liegt. „Ein chronisch erhöhter Blutdruck im Lungenkreislauf belastet zugleich die rechte Herzhälfte, die dafür zuständig ist, Blut in den Lungenkreislauf zu pumpen. Durch  Veränderungen des Herzmuskels in Folge der pulmonalen Hypertonie kommt es zum Beispiel oftmals zu einer Rechtsherzinsuffizienz (Herzschwäche), im schlimmsten Fall kann es auch zu Herzversagen kommen“, erklärt Prof. Dr. Stephan Rosenkranz, Kardiologe und Leiter des Expertenzentrums am Herzzentrum der Universität zu Köln. 

Ursache für Lungenhochdruck

Lungenhochdruck kann sehr unterschiedliche Ursachen haben. Die Arteriolen in der Lunge können beispielsweise krankhaft verändert sein, oder es sind Blutgefäße der Lunge durch Gerinnsel verengt oder verstopft. Nicht allein die Lunge, auch das Herz kann schuld am Lungenhochdruck sein: Bei einer Linksherzschwäche oder bei nicht richtig funktionierenden Herzklappen kommt es zu einem Rückstau des Blutes in den Lungenkreislauf. Infolgedessen erhöht sich der Lungenblutdruck. Nur in sehr seltenen Fällen entsteht die pulmonale Hypertonie ohne eine andere Krankheit als erkennbare Ursache (idiopathische Ursache).

Verschiedene Formen der pulmonalen Hypertonie

In der Medizin unterscheidet man im Wesentlichen fünf Gruppen des Lungenhochdrucks, die sogenannten Nizza-Klassen:

1. pulmonal-arterielle Hypertonie (PAH)
Bei der „pulmonal-arteriellen Hypertonie“, kurz PAH (Nizza-Klasse 1), handelt es sich um eine Erkrankung der Arteriolen in der Lunge. Sie sind verengt oder aufgrund von Zellwucherungen verändert. Die Erkrankung ist relativ selten, aber sehr schwerwiegend. Betroffen sind hier häufig auch jüngere Patienten, insbesondere jüngere Frauen. Die PAH lässt sich in weitere Subklassen einteilen:

  • idiopathisch (ohne erkennbare Ursache)
  • vererbt
  • verursacht durch bestimmte Arzneimittel oder Toxine
  • in Zusammenhang mit
    • Bindegewebserkrankungen
    • HIV-Infektion
    • Lebererkrankungen
    • Angeborenen Herzfehlern

2. pulmonale Hypertonie infolge Linksherzerkrankung
Ursächlich für die mit einer Linksherzerkrankung einhergehende pulmonale Hypertonie (Nizza-Klasse 2) sind Erkrankungen der linken Herzhälfte, beispielsweise eine systolische oder diastolische Herzschwäche beziehungsweise Erkrankungen der Aorten- oder Mitralklappe. In beiden Fällen erhöht sich der Füllungsdruck in der linken Herzhälfte, weil das Blut nicht ausreichend in den Körper transportiert werden kann. So kommt es auch schließlich zum Rückstau des Blutes in die Lunge und infolgedessen zu Lungenhochdruck.

3. pulmonale Hypertonie infolge Lungenerkrankung und/oder Hypoxie (Sauerstoffmangel)
Dem mit einer Lungenerkrankung oder einem Sauerstoffmangel assoziierten Lungenhochdruck (Nizza-Klasse 3) kann beispielsweise eine chronisch obstruktive Lungenerkrankung (COPD) zugrunde liegen. Auch eine Lungenfibrose, eine krankhafte Vermehrung des Bindegewebes zwischen den Lungenbläschen, oder ein Emphysem, eine Lungenüberblähung, kann ursächlich sein. Patienten mit diesen Erkrankungen weisen häufig eine milde Form des Lungenhochdrucks auf.

4. chronisch thromboembolische pulmonale Hypertonie (CTEPH)
Bei der chronisch thromboembolischen pulmonalen Hypertonie, kurz CTEPH (Nizza Klasse 4), handelt es sich um die langfristige Folge akuter oder häufiger auftretender Lungenembolien: Blutgerinnsel schwemmen wiederholt in Lungenarterien ein, verengen und verstopfen die Gefäße oder bauen sie bindegewebig um. Besonders diese Form wird häufig gar nicht oder erst sehr verzögert erkannt.

5. pulmonale Hypertonie mit mehreren unterschiedlichen Ursachen oder unklarer Ursache

Älterer Mann hustet
© iStock

Symptome für Lungenhochdruck

Die von Lungenhochdruck betroffenen Menschen leiden an einer immer stärker werdenden Luftnot (Kurzatmigkeit), Müdigkeit, körperlicher Schwäche, mitunter trockenem Husten und Herzbeschwerden (Angina pectoris). In fortgeschrittenen Stadien kommen Symptome der Rechtsherzschwäche hinzu, etwa Schwindel, Ohnmachtsanfälle oder Wassereinlagerungen in den Beinen und im Bauch. Alle Formen von Lungenhochdruck haben darüber hinaus Folgen für viele andere Organe. Spezielle Formen des Lungenhochdrucks werden häufig nicht oder erst sehr verzögert erkannt. „Wird der Hochdruck in der Lunge spät erkannt und die Behandlung demnach spät eingeleitet, ist die Prognose weniger günstig. Bereits geringe Druck- und Widerstandserhöhungen im Lungenkreislauf gehen mit einer eingeschränkten Lebenserwartung einher. Deshalb ist es besonders wichtig auf mögliche Anzeichen zu achten und beim Auftreten von Symptomen sofort ärztlichen Rat einzuholen, “ betont der in dieser Erkrankung besonders bewanderte Kardiologe Rosenkranz.

Diagnose

Hauptziel der Diagnostik der pulmonalen Hypertonie sind die Früherkennung sowie die exakte Klassifikation der Erkrankung. „Nur wenn der Arzt die Ursache des Lungenhochdruck erkennt, kann er die dafür am besten geeignete therapeutische Maßnahme wählen“, so Prof. Rosenkranz. Neben einer Erhebung der Krankengeschichte (Anamnese) wird eine körperliche Untersuchung durchgeführt. Für eine umfassende Beurteilung sind zudem eine Reihe von weiteren Untersuchungen nötig. Dazu gehören:

  • EKG
  • Röntgen-Thorax-Untersuchung
  • Überprüfung der Lungenfunktion und Blutgasanalyse
  • Echokardiographie
  • Ventilations-/Perfusions-Szintigraphie
  • Hochauflösende Computertomographie des Thorax
  • Magnetresonanztomographie des Herzens
  • Laboruntersuchungen des Blutes
  • Rechtsherzkatheter und Vasoreagibilitätstestung
  • Pulmonalis-Angiographie (Lungengefäßuntersuchung)

Lungenhochdruck messen mittels Rechtsherzkatheter (RHK)-Untersuchung

Anders als beim arteriellen Blutdruck, der einfach am Arm zu messen ist, kann man den Lungenhochdruck nur mit Hilfe eines operativen Eingriffs messen; der Rechtsherzkatheter-Untersuchung. Dabei wird ein dünner Schlauch über eine Vene in der rechten Ellenbeuge oder der Leiste in die rechte Vorkammer und in die Lungenschlagader geführt. Ein Sensor kann dann Lungendruck erfassen. Die Rechtsherzkatheter-Untersuchung ist erforderlich, um die Diagnose einer pulmonalen Hypertonie zu festigen und den Schweregrad einzuschätzen.

Therapie des Lungenhochdruck

Die Behandlungsstrategien der verschiedenen Lungenhochdruckformen unterscheiden sich grundlegend. Deshalb ist von entscheidender Bedeutung die Ursachen präzise abzuklären. Darauf aufbauend kann dann eine an die individuellen Gegebenheiten des Patienten angepasste Behandlung erfolgen. Auf diese Weise lassen sich nicht nur die Beschwerden der Patienten lindern, sondern auch deren Prognose lässt sich wesentlich verbessern.

1. Behandlung der pulmonal-arterielle Hypertonie (PAH)
In den letzten Jahren wurden verschiedene Medikamente entwickelt, mit denen die Therapie der pulmonal-arteriellen Hypertonie deutlich verbessert werden konnte. Dazu gehören:

  • Phosphodiesterase-5-Hemmer (Tadalafil, Sildenafil),
  • sGC-Stimulatoren (Aktivatoren der löslichen Guanylatzyklase; Riociguat),
  • Endothelin-Rezeptor-Antagonisten (Bosentan, Macitentan, Ambrisentan) sowie
  • Prostazyklin-Analoga (Epoprostenol, Treprostinil, Iloprost) beziehungsweise Prostazyklin-Rezeptor-Agonisten (Selexipag).

Ein weiterer neuer Wirkstoff Sotatercept, der allerdings noch nicht zugelassen ist, konnte in Studien den Lungendruck und den Gefäßwiderstand noch einmal deutlich senken. Insgesamt ist die Lebenserwartung der von pulmonal-arterieller Hypertonie betroffenen Patienten dank der neuen Medikamente und Therapiestrategien erheblich gestiegen. Als letztmöglicher Weg bleibt die Lungentransplantation.

Neben den beschriebenen spezifischen Therapien bei pulmonal-arterieller Hypertonie enthalten die Behandlungsleitlinien  noch eine Reihe von allgemeinen Therapieempfehlungen sowie begleitenden Verhaltensratschlägen. So wird bei Patienten mit Zeichen eines Rechtsherzversagens und Flüssigkeitsansammlung (Ödeme) eine Behandlung mit entwässernden Medikamenten (Diuretika) empfohlen. Hochdosierte Kalziumantagonsiten haben sich zudem bei jenen Patienten, die im Test eine Vasoreaktivität zeigen, als vorteilhaft erwiesen. Für PAH-Patienten, bei denen der Sauerstoffpartialdruck im arteriellen Blut unter 8 kPa (60 mmHg) liegt, wird außerdem eine dauerhafte Langzeitbehandlung mit on Sauerstoff empfohlen.. Eine Empfehlung dafür leitet sich aus den Therapieempfehlungen für Patienten mit chronisch-obstruktiver Lungenerkrankung COPD ab einer Sauerstoffsättigung von unter 90 Prozent ab. Es werden außerdem regelmäßige Influenza- und Pneumokokkenimpfungen empfohlen.

2. Therapie bei anderen Gruppen der pulmonalen Hypertonie (Gruppen 2-5)
In der Regel wird diejenige Erkrankung behandelt, die den Lungenhochdruck verursacht, – die eigens gegen PAH entwickelten Medikamente werden nicht eingesetzt, weil die Substanzen für die Behandlung dieser Formen des Lungenhochdrucks nicht zugelassen sind. Bei der mit einer Linksherzschwäche einhergehenden pulmonalen Hypertonie ist das vorrangige Therapieziel, die zugrunde liegende Linksherzerkrankung zu behandeln, etwa mittels einer leitliniengerechten Therapie der Herzschwäche oder durch Austausch der defekten Herzklappe.

Bei Patienten mit Herzschwäche ist es zudem möglich, einen Drucksensor via Katheter in die Lungenstrombahn einzubringen. Dann kann der Patient seinen Lungendruck zu Hause selbst täglich messen und die Medikamente lassen sich individuell optimiert einstellen. Das Risiko einer aktuten Entgleisung der Herzschwäche (Dekompensation) lässt sich so nachweislich verringern.

Bei der chronisch thromboembolischen pulmonalen Hypertonie, kurz CTEPH (Nizza Klasse 4), ist die erste Behandlungsoption, die Blutgerinnsel operativ zu entfernen. Auch eine pulmonale Ballonangioplastie ist möglich. Dabei werden verengte oder verschlossene Lungengefäße mit dem Katheter erweitert. Die medikamentöse Therapie zielt auf die krankhaft veränderten Gefäße in der Peripherie der Lungenstrombahn. Zugelassen ist der Wirkstoff Riociguat. Positive Studienergebnisse liegen auch für die Medikamente Macitentan und Treprostinil vor. Zudem wird bei allen Patienten mit CTEPH ein lebenslange Antikoagulation empfohlen.

Behandlung in speziellen Zentren

Spezielle PH-Zentren sind besonders gut in der Lage, eine differenzierte Diagnostik aller Formen der PH durchzuführen und eine individuell angepasste, leitliniengerechte Therapie anzubieten. Auf diese Weise lassen sich nicht nur die Beschwerden der Patienten lindern, sondern auch deren Prognose lässt sich wesentlich verbessern.

Kann man Lungenhochdruck vorbeugen?

Um einer pulmonalen Hypertonie vorzubeugen ist es wichtig, eine solche frühzeitig zu erkennen bzw. auslösende Krankheiten zu identifizieren und diese entsprechend frühzeitig zu behandeln. „Da die pulmonale Hypertonie häufig erst mit erheblicher Verzögerung erkannt wird, ist eine konsequente Diagnostik erforderlich. Dazu gehört ein „Screening“ von Risikogruppen wie z.B. Patienten mit Kollagenosen (Sklerodermie). Da eine pulmonale Hypertonie häufig in Assoziation mit Linksherz- oder Lungenerkrankung auftritt, ist es wichtig, diese frühzeitig und konsequent zu behandeln. Nur so lässt sich einem Lungenhochdruck vorbeugen. Regelmäßige Kontrolluntersuchungen beim Arzt sind deshalb unerlässlich, besonders wenn bereits eine Erkrankung vorliegt, die als Risikofaktor für eine pulmonale Hypertonie gilt.“, erklärt Prof. Rosenkranz. Zudem sollten Risikofaktoren wie Tabakkonsum gemieden und bei Beschwerden nicht allzu lange gezögert werden, um medizinischen Rat einzuholen.  

 

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Professor Dr. Stephan Rosenkranz
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  1. Wenn ein Blutgerinnsel die Gefäße der Lunge verstopft, wird auch das Herz schwer belastet. Es ist wichtig, sofort medizinische Maßnahmen einzuleiten.
  2. Forscher prüfen, ob sich auch per Fernüberwachung eine Verschlechterung des Gesundheitszustands bei Herzschwäche frühzeitig erkennen lässt.
  3. Rund vier Millionen Menschen in Deutschland leiden an Herzschwäche. Informieren Sie sich ausführlich über Symptome und Therapie.

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Rosenkranz S. et al. (2016): Left ventricular heartfailure and pulmo­nary hypertension. doi: org/10.1093/eurheartj/ehv512

Rosenkranz, S. et al. (2020): Systemic consequences of pulmonary hyper­tension and right­sided heart failure. doi: org/10.1161/CIRCULATIONAHA.116.022362

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