Covid-19: Bedürfnisse von Kindern und Jugendlichen mit angeborenem Herzfehler berücksichtigen
(Frankfurt am Main, 06.04.2021) „Die aktuelle Situation für chronisch herzkranke Kinder und Jugendliche und deren Familien ist nach über einem Jahr in der Corona-Pandemie aufgrund der fehlenden Impf-Perspektive nach wie vor unbefriedigend. Bis ein zugelassener Impfstoff für diese vulnerable Gruppe zur Verfügung steht, müssen ihre besonderen Bedürfnisse bei der Ausgestaltung und Umsetzung von Schutz-, Test-, und Impfkonzepten verstärkt in den Blick genommen werden. Das Ziel muss es sein, ihre Teilhabe am sozialen Leben durch einen bestmöglichen Schutz zu ermöglichen“, erklärt die Patientenbeauftragte der Bundesregierung, Frau Prof. Dr. Claudia Schmidtke, anlässlich eines Austausches mit Vertreterinnen und Vertretern des Aktionsbündnisses Angeborene Herzfehler, einem Zusammenschluss aller bundesweit agierenden Organisationen für Menschen mit angeborenem Herzfehler.
„Wenn chronisch kranke Kinder und Jugendliche nicht geimpft werden, ist ihre Teilhabe auf allen gesellschaftlichen Ebenen und auf nicht absehbare Zeit massiv beeinträchtigt“ benennt Kai Rüenbrink, Sprecher des Aktionsbündnisses, das Grundproblem. „So lange nicht alle Kinder durch eine flächendeckende Impfoption ausreichend geschützt sind, bedarf es unterstützender Maßnahmen. Das gilt z. B. für die Versorgung mit für Kinder geeigneten FFP2-Schutzmasken oder raumluftverbessernde Maßnahmen und Testkonzepte in Kitas und Schulen. Nur durch die breite Impfung der Kontaktpersonen ist ein Schutz gefährdeter Kinder gewährleistet. Die bereits vorgenommenen Anpassungen sind für betroffene Familien und andere Lebensgemeinschaften nicht weitreichend und lebensnah genug und müssen an deren Realitäten angepasst werden. Klar formulierte und eindeutige Zugangsvoraussetzungen bei der Vergabe von Impfterminen vermeiden unnötige Verzögerungen“.
„Die Zulassungsstudien für kindgerechte COVID-19-Impfstoffe müssen weiter vorangetrieben werden. Die Ergebnisse der Phase-3-Studie zur hohen Wirksamkeit des Impfstoffs von BionTech und Pfizer bei Jugendlichen im Alter von 12 bis 15 sind sehr ermutigend und mittelfristig ein sehr gutes Zeichen. Kurzfristig kommt es jetzt darauf an, Impfstoffe, die bereits ab dem Alter von 16 Jahren durch die Europäische Arzneimittel-Agentur zugelassen sind, auch sofort an alle Jugendlichen ab 16 Jahren mit schweren chronischen Erkrankungen zu verimpfen. Wichtig ist zudem, eine niedrigschwellige Impf-Zulassung von mehr als zwei Kontaktpersonen für chronisch schwer kranke Kinder und Jugendliche zu ermöglichen, die nicht selbst geimpft werden können“, betont die Patientenbeauftragte abschließend.
Hintergrundinformationen:
Gemäß § 1 Absatz 1 Nr. 4 in Verbindung mit § 3 Absatz 1 Nr. 3a und § 4 Absatz 1 Nr. 3 der Coronavirus-Impfverordnung können bei Kindern mit angeborenen Herzfehlern zwei enge Kontaktpersonen geimpft werden, wenn ein Priorisierungsattest des Arztes ein entsprechend erhöhtes Risiko für einen schweren oder tödlichen Krankheitsverlauf belegt. Für viele Familien-Konstellationen und Lebensgemeinschaften sind Impfungen von höchstens zwei Kontaktpersonen nicht ausreichend.
Beispiele:
- Getrennt lebende Eltern mit neuen Partnerinnen oder Partnern. In diesem Fall müsste sich das herzkranke Kind entscheiden, welcher Elternteil mit Partnerin oder Partner geimpft wird. Ein abwechselndes Leben bei beiden getrenntlebenden Eltern wird erschwert.
- Familien mit erwachsenen Geschwistern im gleichen Haushalt. Die Eltern könnten als Kontaktpersonen geimpft werden, die Geschwister nicht.
- Großeltern unter 70 Jahren, die im gleichen Haushalt leben oder für ihre Enkelkinder die Betreuung übernehmen, wenn deren Eltern berufstätig sind.
Zudem wird mit der Formulierung „pflegebedürftige Person“ und der Gleichstellung pflegender Angehöriger mit ambulanten Diensten in der Coronavirus-Impfverordnung eine Verknüpfung der Impfung mit Ansprüchen aus der Pflegeversicherung hergestellt, die in der Realität nicht immer gegeben ist. Denn nicht jede Patientin oder jeder Patient mit angeborenem Herzfehler hat einen Pflegegrad, jedoch möglicherweise einen Unterstützungsbedarf. Die Voraussetzungen der Pflegebedürftigkeit nach § 14 SGB XI sind leider nicht hinreichend bekannt und kommuniziert. Dies führt durch unterschiedliche Interpretationen zu Verunsicherungen und unnötigen Verzögerungen bei der Vergabe von Impfterminen.
Das Aktionsbündnis Angeborene Herzfehler (ABAHF)
Um in der Öffentlichkeit mit einer Stimme für eine bessere Versorgung von Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen mit angeborenen Herzfehlern und deren Familien einzutreten und ihnen noch effektiver zu helfen, haben sich 2014 auf Initiative der Deutschen Herzstiftung e. V. sechs bundesweit tätige Patientenorganisationen zum „Aktionsbündnis Angeborene Herzfehler“ (ABAHF) zusammengeschlossen. Die Organisationen sind: Bundesverband Herzkranke Kinder e.V., Bundesverein Jemah e.V., Fontanherzen e.V., Herzkind e.V., Interessengemeinschaft Das herzkranke Kind e.V. und die Kinderherzstiftung der Deutschen Herzstiftung e.V.
Ihr Kontakt ABAHF
Aktionsbündnis Angeborene Herzfehler (ABAHF) c/o
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Die Beauftragte der Bundesregierung für die Belange der Patientinnen und Patienten
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