Die Sprechstundenfrage im Wortlaut:
Nach einer Bypass-Operation vor 6 Jahren mussten mir (männlich) vor kurzem erneut mehrere Stents eingesetzt werden. Ich bin 61 Jahre alt, nicht übergewichtig, Nichtraucher, sportlich und mein LDL-Cholesterin-Wert liegt bei 55 (bei Einnahme von Statinen). Ich hoffte eigentlich das Fortschreiten der koronaren Herzkrankheit mit den entsprechenden Medikamenten und einer Einhaltung der Verhaltensempfehlungen verhindern zu können.
Meine Frage richtet sich nun im Besonderen auf die Ernährungsempfehlungen für Patienten mit koronarer Herzkrankheit. Die Deutsche Herzstiftung empfiehlt hier die „Mediterrane Küche“ mit viel Getreideprodukten, Gemüse und Obst aber auch Fisch, magerem Fleisch, mageren Milchprodukten, Nüssen und vor allem auch Olivenöl.
Völlig im Gegensatz hierzu stehen die Empfehlungen auf der Basis der Studien von Dean Ornish aus den USA. Hierzu sind in Deutschland eine Reihe von Ratgebern und Kochbüchern veröffentlicht worden (z.B. von C.B. Esselstyn). In all diesen Publikationen wird KHK-Patienten kategorisch empfohlen, komplett auf Fisch, Fleisch, Milchprodukte, Nüsse und auch Olivenöl zu verzichten. Es wird in diesen Publikationen behauptet, eine „herzgesunde Ernährung“ wäre für KHK-Patienten ohne diesen Verzicht ausgeschlossen.
Hier stellt sich für mich als Patient nun die Frage: Was tun? Gibt es hierzu einen anerkannten Stand der Wissenschaft oder ist die Frage weiterhin umstritten?
Experten-Antwort:
Die Ornish-Diät des US-Mediziners Dean Ornish ist seit etlichen Jahren sehr populär. Sie gehört zu den Extrem-Diäten, in diesem Fall zu denen, die eine extrem fettarme Kost mit einen Anteil von nur 10 % propagieren bei vergleichsweise hohem Kohlenhydratanteil von 70-75 %. Grundsätzlich setzt die Diät auf eine weitgehend vegetarische Ernährung mit viel Obst, Gemüse, Soja- und Vollkornprodukten oder Hülsenfrüchten – was auch Basis der Mittelmeerküche ist. Kritisch ist, dass es bei der Ornish-Diät keine Mengen- und Kalorienangaben gibt.
Wie aus Ihrem Anschreiben zu entnehmen ist, ernähren Sie sich bereits sehr bewusst. Das zeigt sich auch darin, dass sie keine Gewichtsprobleme haben und daher auch nicht Kalorien gezielt einsparen müssen. Sondern es geht vielmehr um eine herzgesunde Ernährung. Wenn nun im Rahmen der Mediterranen Küche auch Fleisch, Fisch, Nüsse und Olivenöl auf dem Programm stehen, dann ist das nicht gleichzusetzen mit großen Mengen. Eine gesunde Ernährung besteht stets aus einem Mix an hochwertigen Nahrungsmitteln. So enthält gerade fetter Fisch die wichtigen Omega-3-Fettsäuren und Olivenöl enthält ähnlich wie Rapsöl viele ungesättigte Fettsäuren. Zum positiven Effekt von Olivenöl auf die Lebenserwartung gab es auch jüngst eine interessante Studie. (Nachrichten-Archiv Februar). Und zum Verzehr von Nüssen gibt es z.B. Daten aus 25 gemeinsam ausgewerteten Studien, die sogar auf einen Blutfett-senkenden Effekt hinweisen. Auch hier gilt: sparsam genießen – ohne Salz und ohne zusätzliches Fett zum Rösten.
Fazit: Richtig ist sicherlich, Fette – auch gesunde – sollten immer sparsam verwendet werden. Doch wenn Sie sich an die 10 Regeln der DGE halten, können Sie Lebensmittelvielfalt genießen mit wenig Fisch und Fleisch als Ergänzung zu einer ansonsten überwiegend pflanzlichen Ernährung, aber ohne extremen Verzicht. Denn der erhöht in der Regel eher das Risiko, dass wichtige Ernährungsbestandteile zu kurz kommen. Und außerdem: es gibt zur Ornish-Diät keine wissenschaftlichen Studien, sodass die genannten Aussagen nicht überprüfbar sind. Dagegen ist der Nutzen einer Mittelmeerkost gut nachgewiesen.
Herz-Tipp
Viele gute Tipps zur gesunden Ernährung von Herzpatienten gibt es auch im aktuellen Podcast der Herzstiftung.
Experte
Prof. Dr. Hans Hauner, Mitglied im Wissenschaftlichen Beirat der Deutschen Herzstiftung e. V., Leiter des Else Kröner-Fresenius-Zentrum für Ernährungsmedizin.
die fehlenden Studien bezüglich der Ornish Diät unterstreichen für mich die Argumente von Herrn Prof. Hauser für die Mittelmeerkost.
Bei der Berechnung des Übergewichtes, vermisse ich die Berücksichtigung des Alters.
Mit freundlichen Grüßen
W. Köster