Schwerwiegendes Erbe
Als ich 37 Jahre alt war, meinte mein zehn Jahre älterer Bruder zu mir, ich solle mich kardiologisch untersuchen lassen. Bei ihm sei eine vermutlich erblich bedingte Herzvergrößerung (Dilatative Cardiomyopathie; DCM) diagnostiziert worden. Dies erkläre seine Schwierigkeiten, von Erkältungen zu genesen und seine Luftnot.
Ich dachte mir nicht viel dabei, ich fühlte mich topfit. Der Kardiologe allerdings meinte ernst, ich hätte bereits ein vergrößertes Herz und solle fortan täglich ACE-Hemmer nehmen, damit es nicht noch größer werde. Hm, das kam mir etwas früh vor: mit Siebenunddreißig schon täglich Tabletten nehmen? Widerwillig nahm ich sie, ”vergaß” sie aber oft auch.
Das änderte sich schlagartig mit Vierzig. Da starb mein Bruder plötzlich mit seiner DCM und war mir ein warnendes Beispiel. Der Fünfzigjährige hatte sich nie geschont, viel beruflichen und privaten Stress gehabt und gerne ein Glas mehr getrunken. Nun informierte ich mich über die Krankheit und lernte, was für eine schlechte Prognose sie hatte. Man rechnete mit dem Tod fünf bis zehn Jahre nach der Diagnose. Oh weh!
Umdenken nach dem Schock
Fortan wurde ich ein ausgesprochen folgsamer Patient, nahm brav meine Tabletten, ließ mich regelmäßig untersuchen und ernährte mich ausgewogen. Ich rauchte nicht, reduzierte deutlich den Alkohol und bewegte mich viel. Stress versuchte ich zu begrenzen, lernte Körpertherapie und Atemarbeit kennen und fühlte mich weiterhin fit. An mein Herz dachte ich nur noch wenig und überschritt die Fünfzig problemlos (in dem Alter war mein Bruder gestorben).
Nach und nach wurden die Tabletten mehr. Es kamen Betablocker dazu und Diuretika. Auch die Sechzig schaffte ich damit locker, der schlechten Prognose bei DCM zum Trotz. Beruflich trat ich nun bewusst kürzer. Schon als sich erste Unregelmäßigkeiten beim Herzschlag zeigten, ließ mir der Kardiologe einen Defibrillator einbauen, einen “Airbag fürs Herz”. Danach hatte ich glücklicherweise eine dreiwöchige Reha in einer Spezialklinik und lernte, mit dem Defi gut zu leben.
Das Leben geht weiter
Wenn ich aufgewärmt bin, kann ich im Fitnessstudio wie Jüngere trainieren. Sport tut mir gut. Auch regelmäßiger Sex mit meinem Partner ist zum Glück mit etwas Unterstützung durch täglich 5mg Tadalafil weiter möglich. Bei meiner Ernährung bin ich nicht allzu streng, genieße und gönne mir gerne mal was Süßes. Dank viel Bewegung sind solche leckeren “Sünden” drin. Was will man(n) mehr mit über Sechzig?
Mittlerweile schlucke ich zwar morgens fünf und abends drei Tabletten, doch das belastet mich kaum. Es ist eine Gewohnheit wie das Zähneputzen geworden. Leider wird mir bei zu schnellem Aufstehen aus dem Sessel leicht schwindlig, weil mein Blutdruck abgesenkt wird. Das ist lästig, aber nun lerne ich eben, behutsamer aufzustehen. Über solche Einschränkungen jammere ich nicht, sondern gewöhne mich daran. Die innere Zufriedenheit ist wichtiger als ein makelloser Körper.
Kompetenz für Ihr Herz
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Danke!
Wir möchten uns herzlich bei Albert F. bedanken, dass er uns an seiner persönlichen Herzerkrankung teilhaben lässt. Bitte beachten Sie, dass das Foto eine unbeteiligte Person zeigt und die in den Patientengeschichten enthaltenen Informationen keine ärztliche Diagnose oder Behandlung ersetzen. Sie dienen ausschließlich einem informellen Austausch und sollen weder zur Selbstdiagnose noch zur Selbstbehandlung auffordern.
Informationen, die helfen
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Psychischer und sozialer Stress (2021)
PDF: 2,71 MB -
Jeder Schritt zählt
PDF: 2,26 MB