Pressemeldung

STIKO-Empfehlung zu Coronaimpfung: Kann mRNA-Wirkstoff das Herz schädigen?

Myokarditis tritt bei Unter-30-Jährigen häufiger nach einer Covid-19-Impfung mit mRNA-Impfstoff von Moderna auf. Risikoeinschätzung eines Experten.

Portrait von Prof. Voigtländer

(Frankfurt a. M., 11. November 2021) Dass es im zeitlichen Zusammenhang einer Coronaimpfung mit den mRNA-Impfstoffen Comirnaty (Biontech) oder Spikevax (Moderna) sehr selten zu Entzündungen am Herzmuskel (Myokarditis), teilweise auch am Herzbeutel (Perikarditis), kommen kann, die in der Regel mild verlaufen, ist bekannt. Laut Sicherheitsbericht des Paul-Ehrlich-Instituts (PEI) vom Oktober 2021 (1) treten die Fälle in Übereinstimmung mit anderen, internationalen Daten (vor allem aus Israel und den USA) überwiegend bei männlichen Jugendlichen und jungen Erwachsenen bis 29 Jahren auf – meist innerhalb von 14 Tagen und häufiger nach der zweiten Dosis einer mRNA-Covid-19-Impfung. „Diese sehr seltenen und in der Regel mild verlaufenden Fälle einer Myokarditis oder Perikarditis – wir sprechen hier von knapp fünf Fällen bezogen auf 100.000 Impfungen – verheilen in nahezu allen Fällen aus und dürfen keineswegs Grund dafür sein, sich gegen eine Covid-19-Impfung zu entscheiden – zumal die Option besteht, auf den mRNA-Impfstoff Comirnaty auszuweichen“, betont Prof. Dr. med. Thomas Voigtländer, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Herzstiftung. „Wer sich nicht gegen Covid-19 impfen lässt, geht ein weit höheres Risiko durch die Gefahren eines schweren Covid-19-Krankheitsverlaufs wie Organschäden oder gar Tod ein. Dies gilt besonders für chronisch kranke Menschen und Ältere“, warnt der Kardiologe und Ärztliche Direktor des Agaplesion Bethanien-Krankenhauses Frankfurt am Main. „Gleichwohl sollten Patienten sowie Ärzte und medizinisches Fachpersonal nach einer Covid-19-Impfung auf bestimmte Zeichen einer Myokarditis und Perikarditis achten.“ Anzeichen sind insbesondere Atemnot/Kurzatmigkeit, ein starker Herzschlag, der unregelmäßig sein kann, sogenannte Palpitationen, und Schmerzen in der Brust (vor allem bei der Perikarditis), unerklärliche Müdigkeit, Abgeschlagenheit und körperliche Schwäche. Weitere Infos unter www.herzstiftung.de/corona-impfung-myokarditis

STIKO-Empfehlung: Für Unter-30-Jährige nur noch Comirnaty (Biontech)-Impfstoff

Dass nun bei Unter-30-Jährigen ausschließlich nur noch der mRNA-Impfstoff von Biontech zu verwenden ist, dazu rät die ständige Impfkommission (STIKO) in einer aktuellen Empfehlung im November 2021 (2). Die Impfbehörde beruft sich dabei auf eine Auswertung von Daten durch das PEI, wonach bei jungen Menschen – Jungen wie auch Mädchen – nach Impfungen mit der mRNA-Vakzine Spikevax (Moderna) häufiger Herzmuskelentzündungen beobachtet wurden als nach Verimpfung der Biontech-Vakzine (Comirnaty). Die Empfehlung gilt sowohl für die Grundimmunisierung als auch für Auffrischimpfungen bei Unter-30-Jährigen. Für Menschen über 30 Jahre gilt diese neue Empfehlung nicht. Die STIKO betont zugleich, dass der akute Verlauf einer Herzmuskel- beziehungsweise Herzbeutelentzündung nach einer Covid-19-Impfung nach bisher vorliegenden Sicherheitsberichten überwiegend mild sei.

Wie wird das Risiko eingeschätzt?

Von mehr als 92 Millionen Impfdosen Comirnaty (Biontech) und Spikevax (Moderna), die nach Angaben des PEI bis einschließlich 30.09.2021 in Deutschland verimpft wurden, sind im Rahmen einer Spontanberichterfassung bis zu diesem Zeitpunkt insgesamt 1.243 Verdachtsmeldungen einer Myo-/Perikarditis – unabhängig vom ursächlichen Zusammenhang mit der jeweiligen Impfung – berichtet worden (1). Die Melderate bei Jungen im Alter von 12 bis 17 Jahren sowie jungen Männern unter 30 Jahren war dabei nach PEI-Angaben am höchsten. Die Melderate einer Myo-/Perikarditis bei Covid-19-Impfungen beträgt danach bei Unter-30-Jährigen für den Biontech-Impfstoff etwa fünf Fälle pro 100.000 Impfungen und für den Moderna-Impfstoff etwa elf Fälle pro 100.000. Die Spontandaten aus Deutschland weisen darauf hin, dass das Risiko nach Spikevax bei jungen Männern – und auch, wenngleich auch weniger ausgeprägt, bei Frauen – höher als nach Comirnaty sein könnte, schreibt dazu das PEI in seinem aktuellen Sicherheitsbericht Ende Oktober.

Wie ist die Studienlage?

Eine genaue Häufigkeit einer Myokarditis und/oder Perikarditis nach mRNA-Covid-19-Impfung kann nach wie vor nicht sicher ermittelt werden, da epidemiologische (bevölkerungsbezogene) Studien fehlen. Allerdings deuten alle Daten darauf hin, dass eine Myokarditis nach mRNA-Impfstoffen insgesamt sehr selten ist. Zudem wurden 95 % der Fälle als mild beschrieben. Weitere Infos zur aktuellen Studienlage bietet die Herzstiftung unter www.herzstiftung.de/corona-impfung-myokarditis

Bis zum 30.09.2021 wurden laut Angaben des Robert Koch-Instituts (RKI) 107.888.714 Impfungen durchgeführt, davon 82.341.579 Impfungen mit Comirnaty, 9.668.138 Impfungen mit Spikevax (Moderna), 12.692.700 Impfungen mit Vaxzevria (AstraZeneca) und 3.186.297 Impfungen mit dem Covid-19-Vakzin Janssen (Johnson&Johnson).

Pressestelle: Michael Wichert und Pierre König

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Quellen:

  1. PEI-Sicherheitsbericht vom 26.10.2021: https://www.pei.de/SharedDocs/Downloads/DE/newsroom/dossiers/sicherheitsberichte/sicherheitsbericht-27-12-20-bis-30-09-21.pdf
  2. STIKO-Empfehlung zu Comirnaty bei Unter-30-Jährigen, Pressemitteilung 10.11.2021; https://www.rki.de/DE/Content/Kommissionen/STIKO/Empfehlungen/PM_2021-11-10.html

Simone A et al., Acute Myocarditis Following COVID-19 mRNA Vaccination in Adults Aged 18 Years or Older JAMA Intern Med. Published online October 4, 2021. doi:10.1001/jamainternmed.2021.5511