Ostern und Weihnachten sind die Zeiten im Jahr, in denen es vielen Menschen besonders schwerfällt, sich gesund zu ernähren, denn das Angebot an süßen und teilweise auch fetten Naschereien ist dann besonders groß, die Verführung allgegenwärtig. Wer hier einigermaßen standhaft bleibt, tut seinem Körper in mehrfacher Hinsicht etwas Gutes.
Die Vorliebe für „Süßes“ ist zum Teil angeboren
Die Geschmacksrichtung „süß“ ist in den menschlichen Genen angelegt, genauso wie salzig, sauer, bitter und umami (würzig-fleischig). Dass sie für viele Menschen die bevorzugte Geschmacksrichtung ist, liegt daran, dass über diesen Geschmack signalisiert wird, dass es sich um ein energiereiches Lebensmittel handeln könnte – schnell wirkende Energie, die Menschen früher zum Überleben brauchten, ebenso wie fettreiche Kost. Auch die Muttermilch schmeckt zum Beispiel süß und enthält viel Fett. Und es gilt weiter: Nach zuckerreichem Essen schüttet das Gehirn vermehrt das “Glückshormon“ Dopamin aus. Deshalb fühlen wir uns besser.
Allerdings sorgt ein Überangebot an Süßem und Fettigem inzwischen dafür, dass weltweit Übergewicht zu einem gesundheitlichen Problem wird. Denn wir nehmen häufig mehr Energie damit auf, als wir durch die moderne Lebensweise verbrauchen. Die Zuckerindustrie mit schnellverwertbaren Industriezuckerarten trägt mit dazu bei. Komplexe Kohlenhydrate, wie sie etwa in Brot, Nudeln oder Kartoffeln enthalten sind, und die auch aus einzelnen Zuckermolekülen aufgebaut sind, brauchen aufgrund ihrer Struktur hingegen länger, bis sie vom Körper verwertet werden. In Kombination mit Ballaststoffen, z.B. in Form von Vollkornbrot, erfolgt die Verdauung und die Aufnahme der enthaltenen Zuckerbausteine noch langsamer.
Im Verdauungstrakt werden jegliche Kohlenhydrate letztlich in Glucose (= Traubenzucker) umgewandelt. Der sogenannte Blutzucker, der beim Arzt oder in Selbstmessung bestimmt wird, besteht dementsprechend aus Glucose.
Hoher Zuckerkonsum in Deutschland
Zucker ist ein fester Bestandteil unserer Ernährung und steckt in sehr vielen Nahrungsmitteln, bei denen man vielleicht zunächst gar nicht damit rechnet. Dazu gehören etwa Tiefkühlpizza oder Krautsalat aus dem Kühlregal. Allerdings ist der Gehalt unterschiedlich und kleine Zuckerzusätze spielen keine Rolle. Für Deutschland bezifferte sich aber der Pro-Kopf-Verbrauch von Zucker im Jahr 2021/22 auf rund 34,8 Kilogramm – dies entspricht einer täglichen Menge von rund 95 Gramm, also etwa 32 Stück Würfelzucker (bei 3 Gramm pro Würfel)! Laut Statista-Berechnungen ist der Verbrauch zuletzt nach zwei Jahren verringertem Verbrauch zudem wieder gestiegen. (1)
Unter die Bezeichnung „freier Zucker“ fallen vor allem:
- Traubenzucker (Glucose)
- Fruchtzucker (Fructose)
- Haushaltszucker/Kristallzucker (Saccharose),
- Malzzucker (Maltose)
- Milchzucker (Lactose)
Diese werden häufig Lebensmitteln zugesetzt. Auch natürlich vorkommende Zucker in Honig oder Fruchtsäften werden dazu gerechnet. Bezeichnungen auf Verpackungen wie etwa Rübenzucker, Invertzucker, Maissirup, Dextrose, Maltodextrine, Magermilchpulver, Honig, Traubenfruchtsüße signalisieren, dass sich Zucker im Produkt befindet und meist zugesetzt wurde.
Die WHO empfiehlt, dass nur fünf Prozent des täglichen Energiebedarfs durch freien Zucker gedeckt werden sollte, entsprechend etwa 25 g Haushaltszucker oder etwas mehr als acht Stück Würfelzucker. Das wäre bereits mit 300 ml Apfelsaft erreicht.
Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung ist etwas weniger streng (und damit realistischer) und empfiehlt maximal zehn Prozent freien Zucker an der täglichen Gesamtenergiemenge. Das wären bei einem Energiebedarf von 2000 kcal etwa 50 Gramm pro Tag. Damit liegen wir im Schnitt mit unserem Zuckerverbrauch immer noch weit über den Empfehlungen.
Herz-Tipp:
Eine einfache Möglichkeit den eigenen Zuckerkonsum zu verringern, ist der weitgehende Verzicht auf gesüßte Getränke und Fruchtsäfte. Trinken Sie stattdessen gegen Durst Wasser oder ungesüßten Tee.
Folgen von zu viel Zucker: Übergewicht, Diabetes, Fettleber
Zu viel Zucker schädigt nicht nur die Zähne und ist ein wesentlicher Risikofaktor für Übergewicht und Typ-2-Diabetes. Erst vor kurzem hat eine große Auswertung mehrerer Studien bestätigt, dass der Konsum von zuckergesüßten Getränken wie Limonaden, Fruchtgetränke, Sport- und Energy-Drinks wesentlich zu einer Gewichtszunahme bei Kindern und Erwachsenen beiträgt. (2) Denn Zucker sorgt dafür, dass der Körper Insulin ausschüttet, um die Glucose in die Zellen zu transportieren. Ist zu viel Zucker und damit Energie vorhanden, unterstützt Insulin als sogenanntes Masthormon die Umwandlung des Zuckers in Fett. Zugleich führt eine übermäßige Insulinausschüttung auf lange Sicht zur Insulinresistenz. Dies ist neben Übergewicht und Bewegungsmangel plus genetischer Veranlagung ein wesentlicher Wegbereiter für Typ-2-Diabetes.
Nach Schätzungen der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG) sind bereits neun Prozent der erwachsenen Bundesbürger an Typ-2-Diabetes erkrankt – Tendenz steigend. Und Diabetespatienten haben bekanntlich ein erhöhtes Risiko für Folgeerkrankungen wie Herzinfarkt, Schlaganfall und Nierenschwäche. Vor allem der billige Zuckersirup mit einem hohen Gehalt an Fruchtzucker ist in Verruf gekommen, das Entstehen einer Fettleber zu begünstigen. Denn Fruchtzucker wird direkt in der Leber verwertet und dort als Fett gespeichert, wenn zu viel vorhanden ist. Die Fettleber gilt wiederum als wesentlicher Risikofaktor für das Entstehen einer Insulinresistenz und eines Typ-2-Diabetes.
Hoher Zuckerkonsum und Herz
Hohe Blutzuckerwerte sind vor allem über die Folgeerkrankungen fürs Herz gefährlich. Das kardiovaskuläre Risiko ist zum Beispiel bei Männern mit Diabetes zwei- bis vierfach erhöht, bei Frauen bis zu sechsfach. Doch zu viel Zucker im Blut fördert zum Beispiel auch generell Schäden am Herzen. Zu den schädigenden Mechanismen zählen Experten zum Beispiel die Förderung einer Entzündung, eines Blutdruckanstiegs, von Fettstoffwechselstörungen, verschlechterte Blutflussbedingungen, Gewebeumbauprozesse sowie eine Nervenschädigung (Neuropathie) am Herzen. Damit beschleunigen chronisch zu hohe Zuckerlevel im Blut das Verkalken von Gefäßen (Arteriosklerose).
Eine US-amerikanische Studie verwies bereits vor einigen Jahren darauf, dass Kohlenhydrate aus sogenanntem raffiniertem Zucker (industriell aufbereitete Zuckerarten) – und darunter vor allem Fructose – offenbar ein größeres Risiko für schlechte Blutfettwerte und kardiovaskuläre Erkrankungen bergen als der Konsum von ungesättigten Fettsäuren. Es wurde dabei festgestellt, dass eine Ernährung, die reich an zugesetztem Zucker ist, ein dreifach erhöhtes Risiko für Tod infolge von Herz-Kreislauf-Erkrankungen bedingt. Eine aktuelle Gesamtauswertung von 21 Studien bestätigte wiederum den umgekehrten Zusammenhang zwischen geringeren Mengen an zugesetztem Zucker in der Ernährung und einem niedrigeren Blutdruck sowie niedrigeren Blutfettwerten. (4)
Welche Alternativen zum Haushaltszucker gibt es?
Als Alternative zum haushaltsüblichen Zucker können Süßstoffe bzw. Zuckeraustauschstoffe eingesetzt werden, die zudem kalorienarm und nicht schädlich für die Zähne sind. Zu den etablierten Süßstoffen wie Saccharin oder Natriumcyclamat, die bereits im ersten Weltkrieg verwendet wurden, sind einige neue wie Acesulfam, Aspartam, Sucralose oder Stevia dazugekommen. Diese Süßstoffe zeichnen sich durch eine hohe Süßkraft aus, sodass davon nur sehr kleine Mengen zum Süßen benötigt werden.
Diese meist synthetischen Süßungsmittel zählen zu den in der Europäischen Union zugelassenen und damit als gesundheitlich unbedenklich eingestuften Zusatzstoffen:
- die Süßstoffe Acesulfam, Aspartam, Cyclamat, Saccharin und Steviosid (Stevia) sowie
- die Zuckeralkohole/Zuckeraustauschstoffe Erythritol, Isomalt, Lactitol, Mannitol, Maltitol, Sorbitol und Xylitol.
Speziell Süßstoffe stehen zwar immer wieder in der Kritik wegen eines möglichen Krebsrisikos, harte Hinweise dazu gibt es aber nicht. So hat die WHO zwar im Sommer 2023 Aspartam als "möglicherweise krebserregend" eingestuft. Zugleich aber wegen fehlender Beweislage die bisher empfohlene zulässige Tagesdosis von maximal 40 Milligramm Aspartam pro Kilogramm Körpergewicht bestätigt.
Ebenso ist noch nicht abschließend geklärt, ob alle Zuckeralternativen zum Schutz vor Diabetes geeignet sind. Zudem gibt es Hinweise darauf, dass Süßstoffe bei einigen Menschen die Zusammensetzung der Darmbakterien in einer Art und Weise verändern, die wiederum Übergewicht und Typ-2-Diabetes fördert. Aber auch dazu fehlen bisher endgültige Beweise.
Zuckeralkohole haben wiederum den Nachteil, dass sie bei höherem Verzehr Blähungen und Durchfälle verursachen können.
Aktuell in der Diskussion: Thromboserisiko durch Erythrit und Xylit
Anfang 2023 hat eine Studie für Aufmerksamkeit gesorgt, die eine mögliche Verbindung zwischen dem Zuckeralkohol Erythritol, auch Erythrit genannt, und dem Begünstigen von Thrombosen bzw. dem Auftreten von Herzinfarkten und Schlaganfällen ergeben hatte (5). Erythritol wird aus Mais gewonnen und gerne als Zuckeraustauschstoff genutzt, da es nahezu frei von Kalorien ist und den Blutzucker nicht erhöht. In natürlicher Form kommt es in verschiedenen Lebensmitteln vor wie Pilzen oder Pistazien. Bislang wurde davon ausgegangen, dass die Substanz zwar in die Blutbahn aufgenommen wird, aber dann auch wieder nahezu vollständig über die Nieren ausgeschieden wird und keinen Einfluss auf den Insulin-Spiegel hat.
In der Studie, an der auch Forscher der Berliner Charité beteiligt waren, wurden nun über drei Jahre hinweg mehr als tausend Personen mit einem hohen Risiko für Schlaganfall oder Herzinfarkt beobachtet. Bei Teilnehmern, bei denen es in dieser Zeit zu Schlaganfall, Herzinfarkt oder gar Tod kam, wurde im Blut ein erhöhter Erythritol-Spiegel festgestellt. In einem Laborversuch wurde festgestellt, dass der Zuckeraustauschstoff zudem die Blutgerinnung und damit die Bildung von Gerinnseln (Thromben) beschleunigte.
Infarktrisiko auch durch Süßstoff Xylit?
Höhere Werte des Süßstoffs Xylit im Blut sind offenbar ebenfalls mit einem deutlich erhöhten Risiko für schwere Herzerkrankungen und Schlaganfälle verbunden. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie unter Federführung von Dr. Marco Witkowski und seinem Forscherteam der Cleveland Clinic (Ohio, USA) und der DHZC-Klinik für Kardiologie am Charité-Campus Benjamin Franklin (6).
Xylit, auch bekannt als „Birkenzucker“, ist ein Zuckeralkohol ähnlich wie Erythrit, der als kalorienarmer Süßstoff in Lebensmitteln und Getränken verwendet wird. Außerdem soll er eine karieshemmende Wirkung haben. Er kommt nach Angaben des DHZC in geringen Mengen auch in Obst oder Gemüse vor und wird deshalb als „natürlicher Süßstoff“ beworben. Die aktuellen Forschungsdaten aus Blutproben und Laborversuchen deuten nun auf mögliche Risiken von Xylit hinsichtlich einer erhöhten Thromboseneigung.
Wissenschaftler betonen jedoch, dass mit diesen Studien und weiteren begleitenden Untersuchungen noch kein klarer Zusammenhang nachgewiesen worden sei. Vielmehr sollten die Daten als wichtiger Hinweis genutzt werden, Erythritol und Xylit wie auch andere Zuckerersatzstoffe in umfassenden Langzeituntersuchungen weiter unter die Lupe zu nehmen. Bis dahin muss auf Zuckeraustauschstoffe nicht verzichtet werden, sie sollten allerdings generell nur in mäßigen Mengen konsumiert werden, vor allem von Menschen mit bereits erhöhtem kardiovaskulärem Risiko.
Wie sich Zucker vermeiden lässt
Die beste Möglichkeit, weniger Zucker in jeglicher Form auf dem Speiseplan zu haben, ist somit der Verzicht auf Fertigprodukte und das Kochen mit eigenen frischen Zutaten. So kann jeder selbst entscheiden, wieviel Zucker oder welches alternative Süßungsmittel zugesetzt wird. Selbst bei bestehenden Rezepten kann die Zuckermenge oftmals deutlich reduziert, in der Regel sogar halbiert werden.
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Prof. Dr. Hans Hauner, Mitglied im Wissenschaftlichen Beirat der Deutschen Herzstiftung e. V., Leiter des Else Kröner-Fresenius-Zentrum für Ernährungsmedizin.
Mehr erfahren
- https://de.statista.com/statistik/daten/studie/175483/umfrage/pro-kopf-verbrauch-von-zucker-in-deutschland/ Stand:2023
- https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0002916522105290?via%3Dihub Stand:2022
- https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/26586275/ Stand: 14.11.2015
- https://www.cochranelibrary.com/cdsr/doi/10.1002/14651858.CD013320.pub2/full/de Stand: 05.01.2022
- https://www.nature.com/articles/s41591-023-02223-9.epdf Stand:27.02.2023
- Witkowski M. et al., Xylitol is prothrombotic and associated with cardiovascular risk, European Heart Journal, 2024; ehae244, https://doi.org/10.1093/eurheartj/ehae244
Sehr informativ und mit zahlreichen - für mich - neuen Erkenntnissen versehen.
Danke!
U.K.
Hallo Frau Kreusslein,
vielen Dank, für Ihre lieben Worte. Wir freuen uns, dass wir Ihnen mit dem Artikel weiterhelfen konnten.
Ihre Deutsche Herzstiftung
Was ist denn das für eine bescheidene Idee, die zweite Hälfte des Artikels hinter Ihrem "Mitglied werden"-Reklamebanner zu verstecken?
Das erinnert mich an Drücker-Kolonnen der Johanniter in den 90-er Jahren, die mit aggressiv vorgetragenen Argumenten an der Haustür wie "Sie wollen Unfallrettung wirklich nicht unterstützen?" Dauerspender erzwingen wollten.
Ich finde, solch unseriös drängendes Werben sollte frau/man/mensch aus Prinzip nicht unterstützen! Traurig, dass Ihre Organisation meint, das nötig zu haben!
Hallo Herr Roggemann,
vielen Dank für Ihren Kommentar. Als Deutsche Herzstiftung sind wir dringend auf Spenden und Mitglieder angewiesen, um die Forschung und unabhängige Aufklärung auf dem Gebiet der Herz-Kreislauf-Erkrankungen voranzutreiben. Aus diesem Grund verzichten wir auf jegliche Zuwendungen aus der Pharma- und Medizingeräteindustrie. Dabei ist es uns ein ausdrückliches Anliegen mit sachlichen und fachlichen Begründungen, um Unterstützung zu bitten.
Ihre Deutsche Herzstiftung
Herr Roggemann, wie sollen denn solche Leistungen zum Nulltarif zur Verfügung gestellt werden. Es ist doch nur fair für konsumierte Leistungen auch den entsprechenden Obolus zu entrichten. Gerade diese “Nehmerqualitäten” führen zur Notwendigkeit der kritisierten Maßnahmen.
Also, einfach mal eine Spende tätigen.