Rauf auf den Sattel: Fahrradfahren ist das ideale Herz-Kreislauf-Training. Sowohl mit dem herkömmlichen Drahtesel als auch mit einem E-Bike tun Sie Ihrem Herz etwas Gutes. Das besondere Herz-Plus: Mit dem E-Bike und dem Fahrradergometer können Sie zudem die Trainingsintensität problemlos an Ihre körperliche Leistungsfähigkeit anpassen.
So stärkt Fahrradfahren Herz und Kreislauf
Regelmäßiger Ausdauersport gehört zu den besten Möglichkeiten, sich vor Herzerkrankungen zu schützen, den Blutdruck zu senken oder ein angeschlagenes, schwaches Herz zu stärken. So kann das Fortschreiten der koronaren Herzkrankheit durch Ausdauersport verlangsamt, zum Teil gestoppt und in Einzelfällen sogar zurückgebildet werden. Ein besonders schonendes Ausdauertraining ist Fahrradfahren.
Radfahren – egal ob auf dem normalen Fahrrad, dem E-Bike oder dem Fahrradergometer – fördert die Fitness: Es trainiert Herz und Lunge, verbessert die Ausdauer und kräftigt die Gesäß- und Beinmuskulatur. Zugleich ist Radfahren gelenkfreundlich: Da das meiste Körpergewicht auf dem Sattel lastet, werden Hüft- und Kniegelenke geschont. Die Tretbewegung fördert zudem die Versorgung der Gelenkknorpel mit Nährstoffen.
Auch unterstützt regelmäßiges Fahrradfahren ein gesundes Körpergewicht. Treten Sie eine halbe Stunde in die Pedale, verbrennen Sie bei einer Geschwindigkeit von 15-20 km/h in ebenem Gelände etwa 150 bis 250 Kilokalorien, bei höheren Geschwindigkeiten oder Anstiegen entsprechend mehr (bei 30 km/h ca. 450 Kilokalorien in 30 min). Wenn Sie also jeden Tag eine halbe Stunde Rad fahren, können Sie bereits bei leichtem Anstrengungsgrad etwa 1000 bis 2000 Kilokalorien pro Woche verbrennen.
Sind E-Bike und normales Fahrrad gleich gut fürs Herz?
Fahrräder mit einem Elektromotor, der bis zu einer Geschwindigkeit von 25 km/h den Fahrer unterstützt (sog. Pedelecs –landläufig meist als E-Bike bezeichnet) sind in den letzten Jahren stark in Mode gekommen. In der Stadt wie am Berg ziehen junge und alte Menschen damit inzwischen überall ihre Runden. Doch werden dabei die Muskeln und das Herz-Kreislaufsystem ebenso gefordert wie beim herkömmlichen Radeln? Dieser Frage sind Wissenschaftler der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) in einer Studie nachgegangen. (1)
1250 E-Biker und 629 konventionelle Fahrradnutzer wurden dazu mit Aktivitätstrackern ausgestattet, um Zeit, Distanz und Herzfrequenz beim Radfahren über vier aufeinanderfolgende Wochen bei insgesamt am Ende fast 60.000 Fahrten zu messen. Dabei sollte verglichen werden, in welcher Gruppe das Ziel der Weltgesundheitsorganisation (WHO) für körperliche Aktivität – mindestens 150 Minuten moderate oder 75 Minuten starke körperliche Aktivität (MVPA) pro Woche – am ehesten erreicht wird.
E-Biker waren im Schnitt 135 Minuten pro Woche unterwegs. Zwar erreichten weniger E-Biker als “Normalradler” dabei die von der WHO geforderte Belastungsintensität (mindestens 150 Minuten mit moderater Belastung). Dennoch war das bei immerhin knapp einem Viertel der Nutzer von E-Bikes der Fall. Vor allem bei der Messung der Herzfrequenz zeigte sich, dass diese bei E-Bikern nur etwa acht Schläge pro Minute unter jener der anderen Radfahrer lag.
Das E-Bike als "Motivator"
Etwa ein Drittel der E-Bikefahrer hat Vorerkrankungen, etwa Bluthochdruck oder es liegt bereits ein Herzinfarkt vor. Eine Befragung ergab, dass sie häufiger als normale Radfahrer offenbar bereit sind, das Auto zugunsten des Rads stehen zu lassen. Viele werden erst durch das E-Bike (wieder) zum Radfahrer. Das Risiko für den Straßenverkehr oder Beinahe-Unfälle war in der MHH-Studie ähnlich wie bei herkömmlichen Fahrrädern.
Herz-Check vor dem Radfahren schützt vor Überlastung
Herzkranke sollten generell, bevor sie in die Pedale treten, ihr Herz von einem Kardiologen untersuchen lassen. „Der Arzt kann mit Hilfe eines Belastungselektrokardiogramms (Belastungs-EKG) die individuelle Belastbarkeit des Herzens sowie den passenden Trainingspuls ermitteln. Zudem kann er den Einfluss von Herzmedikamenten auf das Herz-Kreislauf-System und die körperliche Leistungsfähigkeit überprüfen“, sagt Professor Dr. med. Jürgen Scharhag, Ärztlicher Leiter und Vorstand des Österreichischen Instituts für Sportmedizin (ÖISM).
„Für Menschen mit Herzkrankheiten ist es zudem empfehlenswert, mit einem Pulsmesser aufs Fahrrad zu steigen, um die Herzfrequenz im Blick zu behalten und so einer Überlastung des Herzens vorzubeugen. Denn wie bei einem Auto, sollte die Herzfrequenz nicht in den roten Drehzahlbereich kommen“, so der Kardiologe.
Radfahren ohne Keuchen
Wer doch mal ohne Pulsmesser mit dem Fahrrad, dem E-Bike oder auf dem Fahrradergometer unterwegs ist, kann sich an folgendem Ratschlag orientieren: Radfahren ohne Keuchen. Ein beschleunigter und tiefer Atem ist beim Radfahren sowie bei anderen Sportarten normal. Ohne Belastung wird nämlich das Herz-Kreislauf-System nicht trainiert.
Beginnen Sie allerdings, auf dem Sattel zu keuchen und können sich nicht mehr unterhalten, ist das Training zu intensiv. Schalten Sie einen Gang runter. Eine gute Faustregel ist, die Intensität so zu wählen, dass Sie zwar ins Schwitzen kommen, sich aber noch unterhalten können. Wichtig: Sollten beim Fahrradfahren Beschwerden wie Angina pectoris oder Atemnot auftreten, brechen Sie die Belastung sofort ab und suchen Sie umgehend einen Arzt auf.
E-Bike und Pedelec: der Unterschied
Elektrofahrrad ist nicht gleich Elektrofahrrad. Wer von einem E-Bike spricht, meint in der Regel ein Pedelec, also ein Pedal Electric Cycle. Während Pedelecs mit einer Unterstützung bis zu 25 km/h verkehrsrechtlich Fahrräder sind, gilt das E-Bike als Kleinkraftrad mit geringer Leistung. Um ein solches E-Bike fahren zu dürfen, braucht man daher einen Führerschein.
Die meisten E-Bikes in Deutschland sind genau genommen Pedelecs. Es funktioniert auch ohne Motorunterstützung. Das bedeutet: Das Pedelec fährt zwar nur, wenn man in die Pedale tritt, doch der Motor unterstützt auch schon bei leichtem Antritt. Das hat zum Beispiel den Vorteil, dass man sich bei Bedarf – etwa bei Steigungen – unterschiedlich stark unterstützen lassen kann.
Effektiv trainieren
Pedelecs kombinieren Muskelkraft und Motor. Von der optionalen Fahrunterstützung können Herzkranke und Senioren profitieren, da durch die motorisierte Unterstützung eine zu intensive Belastung und somit eine Herzfrequenz im roten Drehzahlbereich mit einer erhöhten gesundheitlichen Gefährdung vermieden werden kann.
„Das Radfahren kann besser an die individuelle körperliche Belastbarkeit angepasst werden – für ein effektives, aber sicheres Training“, erklärt Professor Scharhag. „Aber auch auf dem häuslichen Fahrradergometer kann man gut trainieren, in dem man sich entweder nach der vom Arzt vorgegebenen Trainingsherzfrequenz richtet oder die empfohlene Leistung direkt am Ergometer in Watt einstellt.“
Wie viel Radsport braucht mein Herz?
Die Deutsche Herzstiftung e.V. empfiehlt ein moderates Ausdauertraining von mindestens 30 Minuten, fünfmal pro Woche (insgesamt > 150 Minuten/Woche). Wer 30 Minuten am Stück nicht schafft, kann das Training auch in kleinere Abschnitte unterteilen, zum Beispiel in 10-Minuten-Einheiten.
Generell gilt aber: Jedes Mehr an Aktivität wirkt sich positiv auf Ihre Gesundheit aus! Nutzen Sie daher das Fahrrad für den Weg auf die Arbeit, radeln Sie zum Bäcker und nutzen Sie den Feierabend für eine kleine Fahrradtour – so erreichen Sie Ihr tägliches Sportpensum fast nebenbei. Herzpatienten sollten für ein herzsicheres Training neben der Trainingsintensität auch die Trainingsdauer sowie die Trainingshäufigkeit mit ihrem behandelnden Kardiologen besprechen.
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Experte
Univ.-Prof. Dr. med. Jürgen Scharhag, Kardiologe und Univ.-Prof, Leiter der Abteilung Sportmedizin, Leistungsphysiologie und Prävention am Institut für Sportwissenschaft der Universität Wien und Mitglied im Wissenschaftlichen Beirat der Deutschen Herzstiftung. Facharzt für Innere Medizin und Kardiologie, Sportmedizin, Sportkardiologie DGK (Stufe 3), Physikalische Therapie und Balneologie.
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1. Impact of electrically assisted bicycles on physical activity and traffic accident risk: a prospective observational study; BMJ Open Sport & Exercise Medicine, Sept. 2022; DOI: 10.1136/bmjsem-2021-001275