Alles fing ganz harmlos an
Bis zum Dezember 2019 war ich eine fitte, voll berufstätige und gesunde 37-jährige Frau, verheiratet mit einer Tochter. Am 1. Dezember bekam ich eine Erkältung. Ich schonte mich sofort: Kein Sport und auch nicht die täglichen 20 km Fahrt mit dem Fahrrad zur Arbeit. Ich ging zum Arzt und blieb zu Hause. Insgesamt war ich „nur“ zwei Wochen krank, bis plötzlich alles kippte: Ich kam ins Krankenhaus, benötigte High Tech Medizin für mein Herz. Krank zu sein, nahm eine neue Dimension ein. Es ging um mein (Über-)Leben.
Dabei war die Erkältung zunächst ganz gewöhnlich verlaufen, nur mit leichtem Fieber. Nach der ersten Woche entwickelte ich allerdings Husten und empfand ein zunehmendes Krankheitsgefühl. Ich erinnere mich noch an meine letzte Nacht zu Hause, die mich stark verängstigte. Meine Atmung war ungewöhnlich flach und so richtig durchatmen ging auch nicht mehr. Das machte mir große Angst, weil ich es auch nicht einordnen konnte.
Mein Mann und meine 8-jährige Tochter brachten mich am 3. Advent ins Krankenhaus. Mein Zustand hatte sich innerhalb weniger Stunden drastisch verschlimmert. Die wenigen Schritte in die Notaufnahme musste ich gestützt werden. Ich war nicht mehr ich selbst: So blass, schwach und elend. Dafür legte sich ein bisher unbekannter Druck auf die Brust und den Oberbauch. Mein Herz hämmerte viel zu schnell und die Luft war knapp, selbst in Ruhe.
Das schwache Herz benötigte eine Herzpumpe
EKG, Blutabnahme, Röntgenuntersuchung, Zugänge und ganz viele Tränen überkamen mich. „Wir vermuten, Sie haben eine Myokarditis. Ihr Herz sieht nicht normal aus.“, hörte ich den Arzt sagen. Meine Welt brach in diesem Augenblick zusammen, aber das sollte erst der Anfang meines Alptraumes sein.
Am nächsten Tag wurde die erste Herzkatheter-Untersuchung mit Gewebeentnahme bei mir durchgeführt. Das war schlimm. Meine damaligen Gedanken sind immer noch präsent: „Ich bin doch gesund, jung und top fit. Wie kann das sein?“ Ich dachte, so etwas würde mir erst im hohen Alter passieren. Nur wenige Stunden danach bekam ich mehrfach schwere Herzrhythmusstörungen, musste defibrilliert werden und mein Körper geriet in einen schweren Schockzustand, ausgelöst von meinem kaum schlagenden, versagenden Herzen.
Das zweite Mal, an diesem Tag kam ich in das Herzkatheter-Labor. Dieses Mal als Notfall, um mir eine lebensrettende Herzpumpe einzusetzen (IMPELLA). Ich weiß genau, wie der junge Arzt am Bettende stand und die Telefonnummer meines Mannes erfragte. „Ihre Frau ist in einem sehr kritischen Zustand, wir müssen sie retten“, teilte er ihm mit. Ich sah den Arzt verdattert an und glaubte nicht, was ich da hörte. Auch psychisch befand ich mich in einem Schockzustand.
Die nächsten Wochen auf der Intensivstation waren furchtbar. Mein Herz erholte sich nur langsam und zu wenig.
Myokarditis führte zum Zerstören von Herzzellen
Meine Diagnose: eine schwere Form der Herzmuskelentzündung, die hochgradig autoimmun war, eine sogenannte eosinophile Myokarditis. Körpereigene Abwehrzellen griffen den Herzmuskel an. Die Folge waren Vernarbungen, die wiederum die Ursache für bösartige Herzrhythmusstörungen waren. Die Herzpumpe konnte zwar nach einer gewissen Zeit wieder entfernt werden, doch ich brauchte nun einen implantierten Defibrillator (ICD).
3 Monate später durfte ich endlich nach Hause. Doch ich war schwer herzkrank und kam daher nur 3 Monate später, im Sommer 2020 auf die Liste für eine Herztransplantation. Ich war für eineinhalb Jahre „normal“ gelistet, weil mein Zustand stabil blieb. Dann wurde es wieder schlechter.
Herztransplantation war die Rettung
Mehrfach musste ich durch meinen Mann im Jahr 2021 trotz des ICD reanimiert werden, so dass ich schließlich Ende des Jahres als „hochdringlich“ für eine Transplantation eingestuft wurde. Das bedeutete, dass ich dauerhaft ins Krankenhaus aufgenommen wurde. 66 Tage habe ich dort auf die rettende Organspende gewartet, bis im März 2022 endlich ein Pfleger kam und sagte: „Frau Bleis, wir haben ein Organ-Angebot für Sie.“
Ich habe alles glücklich überstanden. Die Transplantation ist ohne Komplikationen verlaufen. Mein (neues) Herz schlug einfach wieder und ich konnte nach sechs Wochen in die Reha. Stück für Stück kam die Normalität zurück. Ich bin so dankbar für diese Chance zu leben und bei meinem Kind zu sein.
Die Erfahrungen haben mich dennoch zu einem neuen Menschen werden lassen, dem andere Dinge jetzt wichtiger geworden sind. Vor allem möchte ich mit anderen herzkranken Menschen meine Geschichte teilen und ihnen damit Mut machen. Meinen Tatendrang nutze ich zum Beispiel auch, um mich für das Thema Organspende stark zu machen, damit mehr Menschen sich trauen, einen Spenderausweis zu tragen. Daher engagiere ich mich auch ehrenamtlich bei transplantiert e.V.
Danke!
Wir möchten uns herzlich bei Franziska Bleis bedanken, dass sie uns an ihrer persönlichen Erfahrung teilhaben lässt. Bitte beachten Sie, dass die in den Patientengeschichten enthaltenen Informationen keine ärztliche Diagnose oder Behandlung ersetzen. Sie dienen ausschließlich einem informellen Austausch und sollen weder zur Selbstdiagnose noch zur Selbstbehandlung auffordern.