Herzwochen: Ein Herzinfarkt kommt selten aus heiterem Himmel. Vorboten eines Herzinfarkts können sich bereits Tage oder Wochen vorher bemerkbar machen. Herzstiftungs-Experte erklärt wichtigste Symptome
(Frankfurt a. M., 23. Oktober 2025) Die Koronare Herzkrankheit (KHK) ist die mit Abstand häufigste Herzerkrankung in der westlichen Welt. Allein in Deutschland sind etwa 4,7 Millionen Menschen betroffen, jedes Jahr sterben in Deutschland rund 120.000 Patienten daran (Deutscher Herzbericht – Update 2025). Von KHK spricht man, wenn es in den Herzkranzgefäßen (Koronararterien) zu Ablagerungen aus Kalzium („Kalk“), entzündlichen Zellen, Bindegewebe und Cholesterin kommt, den sogenannten Plaques. Dieser Prozess der Arteriosklerose („Gefäßverkalkung“) führt zu einer zunehmenden Verdickung der Gefäßwand mit Einengung des Gefäßinnenraums bis hin zum teilweisen oder kompletten Verschluss des Gefäßes (Herzinfarkt). „Wenn aufgrund von Verengungen in den Koronararterien die Menge an Blut, die den Herzmuskel mit Sauerstoff und Nährstoffen versorgt, nicht mehr ausreicht, kann das Herz auf seine Notlage mit Schmerzen, Luftnot sowie einem Druck- oder Engegefühl in der Brust aufmerksam machen. Die Beschwerden treten vor allem bei körperlicher Belastung auf, wenn der Sauerstoffbedarf in Herz und Körper ansteigt. In der Medizin nennen wir das Angina pectoris“, erklärt Prof. Dr. Heribert Schunkert, Stellvertretender Vorstandsvorsitzender der Deutschen Herzstiftung. „Macht sich die KHK mit Atemnot und Angina-pectoris-Beschwerden unter körperlicher Anstrengung bemerkbar, dann ist meist schon über viele Jahre unbemerkt eine Schädigung der Herzkranzgefäße abgelaufen.“
Typisch für Patienten mit einer KHK ist, dass die Plaques wachsen, bis sie die Herzkranzgefäße stark einengen. Je nach Dauer und Schweregrad bewirkt dieser krankhafte Prozess der Arteriosklerose unterschiedliche Grade der Durchblutungsstörung. Sie können erst bei extremer körperlicher Belastung oder auch schon bei leichter Anstrengung auftreten. Kommen die Beschwerden plötzlich und in Ruhe, ist die Gefahr eines Herzinfarktes gegeben. Die Übergänge von mehr oder weniger durchgängigen und schließlich komplett verschlossener Herzkranzgefäße sind fließend. „Entsprechend verschieden sind die Beschwerden der KHK und deren auslösende Situation wie körperliche oder seelische Belastung“, erklärt der Herzstiftungs-Vize-Vorsitzende.
Um die Bevölkerung für die Gefahren durch die KHK und den Herzinfarkt zu sensibilisieren, stehen gezieltes Wissen über die Vorbeugung, Warnzeichen und aktuelle Therapien dieser Volkskrankheit und Todesursache Nummer eins im Zentrum der bundesweiten Herzwochen der Herzstiftung. Diese finden unter dem Motto „Gesunde Gefäße – gesundes Herz: Den Herzinfarkt vermeiden“ mit zahlreichen Aufklärungsaktionen im gesamten Bundesgebiet statt. Ausführliche Informationen für Betroffene sind unter https://herzstiftung.de/herzwochen abrufbar.
Angina pectoris: Wann ist sie kritisch „instabil“?
Bestehen die genannten Angina-pectoris-Beschwerden schon länger und treten nur bei körperlicher Anstrengung auf, um sich in Ruhe wieder zu bessern, handelt es sich um eine „stabile Angina pectoris“. Kritisch wird es für die betroffene Person, wenn die stabile in eine instabile Angina pectoris übergeht: eine gefährliche Krankheitsvariante der KHK. „Denn bei der instabilen Form ist meist ein großes Herzkranzgefäß nahezu vollständig verschlossen. Hier besteht akut Herzinfarkt-Gefahr, sofort muss die 112 für den Rettungsdienst alarmiert werden, damit das fast verschlossene Gefäß in der Klinik rasch wiedereröffnet werden kann“, warnt Prof. Schunkert.
Der entscheidende Unterschied der Symptomatik der Herzinfarkt-Vorstufe „instabile Angina pectoris“ liegt darin, dass sich die Angina pectoris-Symptome (Schmerzen, Druck- oder Engegefühl in der Brust, Atemnot) plötzlich auch in Ruhe, oder verstärkt bei jeder körperlichen Belastung, zeigen. Ein Herzinfarkt tritt somit nicht immer aus heiterem Himmel auf. So eine instabile Angina pectoris kann schon Wochen vor einem Herzinfarkt auftreten. Experten verweisen jedoch darauf, dass dieses Zeitfenster, in dem sich die Vorboten des Herzinfarktes zeigen, auch nur ein paar Stunden andauern kann, sodass die betroffene Person unbedingt sofort reagieren sollte. Nächtliches Aufwachen mit Schmerzen im Brustkorb deutet auf ein Hochrisiko hin, hier ist sofort die 112 zu wählen.
Bei diesen Vorboten zum Arzt
Darüber hinaus gibt es Vorboten, die zwar noch keinen 112-Notruf, jedoch einen Arztbesuch verlangen. Wer über zwei Wochen hinweg Probleme beim Treppenhochsteigen hat und sich schwach fühlt sollte zum Arzt gehen. Ebenso sollte man zum Arzt bei nicht erklärbarer Luftnot – ob mit oder ohne Druck in der Brust. „Auch Beschwerden wie eine schnelle Ermüdbarkeit sollten nicht vorschnell auf Alter oder Stress geschoben, sondern ernst genommen und zeitnah medizinisch geklärt werden“, rät Prof. Schunkert. Bei Brustschmerzen stellt sich für den Arzt die Frage: Lösen sich die Schmerzen durch körperliche oder psychische Belastung aus? Lassen die Schmerzen in Ruhe nach? Um zu klären, ob tatsächlich eine KHK Ursache der Angina-pectoris-Beschwerden bei Belastung ist, führt der Arzt eine Basisdiagnostik durch mit einem Ruhe-EKG (Aufzeichnen der elektrischen Aktivität des Herzens im Liegen). Im Anschluss an die Befragung des Patienten, die körperliche Untersuchung, das Ruhe-EKG und eventuell eine Ultraschalluntersuchung sind weitere diagnostische Schritte, wie eine Herzkatheteruntersuchung oder eine Computertomographie des Herzens, möglich.
Herzinfarkt ist immer zeitkritisch: „Zeit ist Herzmuskel“
Der Herzinfarkt ist ein Notfall, jede Minute zählt. Zum einen führt der Infarkt im Herzmuskelareal des verschlossenen Herzkranzgefäßes zum Absterben von Herzmuskelgewebe. Wenn der Infarkt nicht unverzüglich behandelt wird („Time is Muscle“) und viel Gewebe zerstört ist, droht eine ausgeprägte Herzschwäche. Zum anderen kann der Infarkt jederzeit in bösartige Herzrhythmusstörungen übergehen. Dieses Kammerflimmern (über 300 Schläge/Minute) führt innerhalb weniger Sekunden zum Herzstillstand. Herzinfarkte ereignen sich meistens zu Hause, nur ein über den Notruf 112 herbeigerufenes Rettungsteam mit einem Defibrillator kann dann das flimmernde Herz wieder in seinen normalen Rhythmus bringen. Der Patient muss anschließend sofort in die nächstgelegene Klinik zur Infarktversorgung. Infos unter https://herzstiftung.de/herzinfarkt-erste-hilfe
Herzinfarkt-Warnzeichen: Nicht immer eindeutig!
Betroffene erleben den akuten Herzinfarkt häufig schockartig wie aus heiterem Himmel mit plötzlich einsetzenden stark brennenden Schmerzen hinter dem Brustbein, die länger als fünf Minuten andauern. Fatalerweise kann er sich jedoch auch unspezifisch bemerkbar machen: mit Schmerzen im Oberbauch, oft mit Magenschmerzen verwechselt (häufiger bei Frauen), oder unerklärlicher Übelkeit. „Jährlich sterben rund 44.000 Menschen am Herzinfarkt, ein Großteil darunter außerhalb von Kliniken, auch weil Warnzeichen nicht oder zu spät erkannt wurden und so eine medizinische Versorgung zu spät oder gar nicht erfolgen konnte“, berichtet der Chef-Kardiologe am Deutschen Herzzentrum München Prof. Schunkert. „Jeder, besonders Risikopatienten, sollte die Herzinfarkt-Symptome kennen und sofort den Rettungsdienst mit der 112 alarmieren.“ Beim Herzinfarkt sind typische Beschwerden
- plötzlich einsetzende starke Schmerzen, die länger als fünf Minuten in Ruhe anhalten und die überwiegend im Brustkorb oder häufig auch ausschließlich hinter dem Brustbein auftreten
- Schmerzen, die in Körperteile wie Arme (meist links), Oberbauch, Rücken, Hals, Kiefer oder Schulterblätter ausstrahlen
- ein massives Engegefühl, heftiger Druck oder ein sehr starkes Einschnürungsgefühl im Brustkorb („Elefant auf der Brust“)
- heftiges Brennen im Brustkorb. (Achtung: Verwechslungsgefahr mit Sodbrennen!)
Vor allem Frauen verspüren eher ein Engegefühl und der Schmerz strahlt vorrangig in den Rücken und den Oberbauch aus (Achtung: Verwechslungsgefahr mit Magenschmerzen!). Bei Frauen häufiger als bei Männern können – zusätzlich zu den oben genannten Schmerzen oder auch alleine – weitere Symptome wie Atemnot, Übelkeit oder Erbrechen, Schwitzen, Benommenheit oder Schwindel sowie unerklärliche Müdigkeit ein Alarmzeichen sein.
„Frauen, ältere Menschen und Diabetiker zeigen diese ,untypischen‘ Symptome besonders häufig, was die Diagnose oftmals erschwert und zeitlich verszögert. Je älter die Person mit Herzinfarkt, desto weniger ausgeprägt kann der typische Brustschmerz sein“, erklärt Kardiologe Schunkert. Zum Glück gibt es in der Klinik einfache Bluttests und das EKG, sodass schon nach Minuten eine sichere Diagnose gestellt werden kann. Infos unter https://herzstiftung.de/herzinfarkt
Chest Pain Unit (CPU): Rasche Abklärung auch anderer medizinischer Notfälle
Akute Brustschmerzen können auch von anderen lebensgefährlichen Herz-Kreislauf-Erkrankungen herrühren, die ebenfalls eine sofortige medizinische Versorgung erfordern. Für die Akutversorgung von Patienten mit akuten Brutschmerzen stehen in Deutschland 380 zertifizierte „Chest Pain Units“ (CPU) in Krankenhäusern an 365 Tagen rund um die Uhr zur Verfügung. Die über 380 der von der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie (DGK) zertifizierten CPU in Deutschland verfügen über eine 24-Stunden-Herzkatheterbereitschaft an sieben Wochentagen. Für eine rasche Ersteinschätzung bei Patienten mit akuten Brutschmerzen oder anderen Beschwerden mit Verdacht auf Herzinfarkt stehen in einer CPU sämtliche erforderlichen Verfahren der Diagnostik zur Verfügung wie:
- 12-Kanal-EKG (erstes EKG erfolgt bereits im Rettungswagen)
- Bestimmung der Troponin-Spiegel im Blut (Blutmarker zeigt Herzmuskelschädigung an)
- Herz-Ultraschalluntersuchung (Bildgebung von Bewegungsstörungen der Herzwand, Durchblutungsstörungen)
- Computertomographie (bei Verdacht auf Aortendissektion)
- Während der Untersuchungen beantwortet Patient je nach Zustand Fragen zu Symptomen/Vorgeschichte
Die CPU ermöglicht neben der raschen Abklärung eines akuten kardiologischen Notfalls wie Herzinfarkt auch die rasche Abklärung anderer ernsthafter Komplikationen wie die akute Lungenembolie oder die – seltene – Aortendissektion. Bei Frauen wird zudem gelegentlich das Syndrom des gebrochenen Herzens (Tako-Tsubo-Kardiomyopathie) beobachtet. Alle drei Erkrankungen weisen Herzinfarkt-ähnliche Symptome wie Brustschmerzen und Luftnot auf. Das CPU-Team schafft Klarheit darüber, wer welche Behandlung braucht und vor allem: wie schnell diese erfolgen muss.
Infos rund um die Chest Pain Unit bietet die Herzstiftung unter: https://herzstiftung.de/herznotfallambulanz-suche
Neuer Ratgeber
Für Patienten, Angehörige und Interessierte bietet die Deutsche Herzstiftung den neuen Ratgeber „Koronare Herzkrankheit und Herzinfarkt – Prävention, Diagnose, Therapie“ an. Herzexperten informieren leicht verständlich über Entstehung und Risikofaktoren der KHK und des Herzinfarkts, über katheterbasierte und operative Verfahren, Medikamente und wie ein gesunder Lebensstil Lebensqualität und Lebenszeit verbessern kann. Die kostenlose Broschüre (162 S.) kann telefonisch unter 069 955128-400, online unter herzstiftung.de/bestellung oder per E-Mail unter [email protected] angefordert werden.
Die Herzwochen stehen unter dem Motto „Gesunde Gefäße – gesundes Herz: Den Herzinfarkt vermeiden“ und richten sich an Patienten, Angehörige, Ärzte und alle, die sich für das Thema Koronare Herzkrankheit (KHK) und Herzinfarkt interessieren. An der Aufklärungskampagne beteiligen sich Kliniken, niedergelassene Kardiologen, Krankenkassen und Betriebe. Infos zu Patienten-Seminaren, Online-Vorträgen, Telefonaktionen und Ratgeber-Angeboten (Text, Video) sind ab Anfang Oktober unter https://herzstiftung.de/herzwochen abrufbar oder per Tel. 069 955128-400 zu erfragen.
Kostenfreies Bildmaterial erhalten Sie bei der Pressestelle unter [email protected]
Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird auf die zusätzliche Formulierung der weiblichen Form zumeist verzichtet. Wir möchten darauf hinweisen, dass die Verwendung der männlichen Form explizit als geschlechtsunabhängig verstanden werden soll.
Experte
Prof. Dr. med. Heribert Schunkert, Kardiologe und Direktor der Klinik für Erwachsenenkardiologie am Deutschen Herzzentrum München, Schwerpunkte: Interventionelle Kardiologie und Hypertensiologie sowie Molekularbiologie und Genetik von Herzerkrankungen, seit 2018 Vorstandsmitglied und seit 2021 stellvertretender Vorsitzender der Deutschen Herzstiftung.

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