Unser Herz pumpt im Dauertakt – rund 100.000 mal am Tag. Doch in der Regel nehmen wir den Herzschlag nicht wahr, außer wir sind zum Beispiel schnell gerannt oder extrem aufgeregt, so dass das Herz in der Brust stark klopft. Nehmen wir den Herzschlag unerwartet wahr, wirkt das mitunter beängstigend.
Die Sprechstundenfrage im Wortlaut:
Ich bin 61 Jahre alt und habe bisher keine Herzerkrankungen. Allerdings muss ich zugeben, dass ich einen relativ stressigen Beruf habe. Seit ein paar Wochen höre ich nun immer mal wieder meinen Puls im linken Ohr. Vor allem wenn es leise ist, etwa abends im Bett, höre ich ein rhythmisches Rauschen. Ich bin jetzt doch beunruhigt, weil ich das so nicht kenne.
Meine Frage: Ist das möglicherweise doch das Herz bzw. ist ein zu hoher Blutdruck verantwortlich, oder ist das eher ein „Tinnitus?“ Was kann ich dagegen tun? Frank S., Düsseldorf
Experten-Antwort:
In der Regel nehmen wir den Herzschlag nur in besonderen Situationen wahr oder wenn wir bewusst den Puls am Handgelenk messen. Es gibt jedoch eine besondere Form des Tinnitus, bei dem Menschen das Pochen ihres Herzens im Ohr wahrnehmen. Mediziner sprechen dann von einem pulssynchronen Tinnitus. Das ist an sich ein natürliches Geräusch, das in der Nähe des Innenohres entsteht, nämlich ein Strömungsgeräusch des Blutes, das durch Verwirbelungen in den Gefäßen entsteht. Es wird von Betroffenen oft besonders sensibel wahrgenommen. Und: Wenn es erst einmal im Ohr aufgetreten ist, richtet sich die Aufmerksamkeit unbewusst immer wieder auf das Rauschen.
Stress kann einen solchen pulssynchronen Tinnitus begünstigen bzw. verstärken. Denn in Stresssituationen verengen sich bekanntlich die Blutgefäße und die Strömungsgeschwindigkeit des Blutes erhöht sich. Zugleich beschleunigt sich der Herzschlag – ein Phänomen, das Kardiologen auch bei Patienten mit Bluthochdruck häufig feststellen. Wenn diese Situation eintritt, wird meist auch der Pulsschlag im Ohr stärker – und wird gerade, wenn es in der Umgebung ruhiger wird, noch deutlicher im Ohr wahrgenommen.
Die von Ihnen geschilderten Beschwerden sollten Sie zunächst einmal nicht beunruhigen. Ich würde ich Ihnen dennoch empfehlen, dass Sie sich den Blutdruck bei nächster Gelegenheit beim Arzt kontrollieren lassen. Denn im Alter verändern sich die Gefäße und werden steifer, so dass erhöhte Blutdruckwerte auftreten können, auch wenn das vorher nie der Fall war. Zugleich empfehle ich Ihnen, dass Sie erlernen, Ihren Stress zu kontrollieren, etwa mit gezielten Entspannungsübungen. Denn das wirkt sich sowohl positiv auf den Blutdruck als auch auf einen möglichen Tinnitus aus.
Sollte sich keinerlei Besserung einstellen, kann durch eine gründliche Körperuntersuchung und mittels radiologischer Untersuchung der Kopfgefäße nach weiteren möglichen Ursachen gefahndet werden, die einen starken Puls im Ohr erklären können.
Experte
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Prof. Dr. med. Thomas Meinertz ist Kardiologe und Pharmakologe in Hamburg. Zu den Schwerpunkten des ehemaligen Vorsitzenden der Herzstiftung und langjährigen Direktors der Klinik und Poliklinik für Kardiologie und Angiologie des Universitären Herzzentrums Hamburg zählen insbesondere Herzrhythmusstörungen, die koronare Herzkrankheit und Herzklappen-Erkrankungen. Neben mehreren hundert wissenschaftlichen Fachpublikationen, die Prof. Meinertz für nationale und internationale Fachzeitschriften verfasst hat, ist der renommierte Kardiologe Chefredakteur der Herzstiftungs-Zeitschrift "HERZ heute" und Autor mehrerer Publikationen im Online-Bereich der Herzstiftung.