Herzschwäche bei Jüngeren: häufig verursacht durch eine Herzmuskelentzündung als Folge einer Virusinfektion. Wie man sich vor einer Myokarditis schützt und mit welchen Warnzeichen sich ein Infekt mit Herzbeteiligung zeigen kann, erläutert die Herzstiftung
(Frankfurt a. M., 14. November 2024) Nach Schätzungen leiden hierzulande bis zu vier Millionen Menschen an Herzschwäche (Herzinsuffizienz), bei der das Herz aus unterschiedlichen Gründen nicht mehr in der Lage ist, den Körper mit ausreichend Blut und Sauerstoff zu versorgen. Schäden insbesondere an Herz, Gehirn, Nieren und Muskeln sind die Folge. In den meisten Fällen ist die Herzschwäche die Folge einer anderen Krankheit. Ursachen einer Herzinsuffizienz können etwa die koronare Herzkrankheit und ein Herzinfarkt, angeborene Herzfehler, eine Herzmuskelentzündung (Myokarditis) oder eine Erkrankung des Herzmuskelgewebes (dilatative Kardiomyopathie) beziehungsweise andere, seltenere Herzerkrankungen sein.
Insbesondere wegen des demografischen Wandels sowie verbesserter Therapiemöglichkeiten für die Ursachen der Herzschwäche nimmt der Anteil der herzinsuffizienten älteren Menschen weiter zu. „Aber auch junge Menschen können an einer Herzinsuffizienz erkranken“, erklärt der Kardiologe Prof. Dr. med. Thomas Voigtländer, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Herzstiftung. „Neben angeborenen Herzfehlern und genetisch bedingten Herzmuskelerkrankungen, den Kardiomyopathien, sind es entzündliche Herzmuskelerkrankungen wie Myokarditis, die das Herz eines jungen Menschen in seiner Pumpfunktion so weit beeinträchtigen können, dass eine Herzschwäche vorliegt“, so der Kardiologe. Wie es zu einer Herzmuskelentzündung (Myokarditis) kommt, wie man sich davor schützt und was Betroffene beachten sollten, damit aus einer Myokarditis keine Herzinsuffizienz entsteht, darüber informiert die Herzstiftung unter https://herzstiftung.de/herzmuskelentzuendung
Herzschwäche durch Myokarditis: Wie kommt es dazu?
Bei der Myokarditis entzünden sich Zellen des Herzmuskels, in den meisten Fällen durch virale Infektionen. In jedem dritten Fall gelingt es dem Körper nicht, die Entzündung selbst zu kontrollieren. Der Herzmuskel vernarbt und kann nur noch eingeschränkt Blut pumpen. „Es kommt dann zur Herzinsuffizienz, die sich mit Symptomen wie Kurzatmigkeit schon bei geringer Anstrengung, Leistungseinschränkung und Wassereinlagerungen in Beinen oder Bauch bemerkbar macht. Wer an einer Myokarditis erkrankt und rechtzeitig in Behandlung ist, kann allerdings durch konsequente Therapie und Schonung meist eine Herzschwäche vermeiden“, erklärt der Kardiologe am Cardioangiologischen Centrum Bethanien (CCB) Frankfurt am Main. Umfangreiche Informationen zur Herzschwäche bietet die Herzstiftung im Rahmen der bundesweiten Herzwochen unter dem Motto „Stärke Dein Herz! Herzschwäche erkennen und behandeln“ unter https://herzstiftung.de/herzwochen.
Meist sind akute Virusinfekte sowohl bei Frauen als auch bei Männern Auslöser einer Herzmuskelentzündung. Jüngere Männer erkranken allerdings häufiger und schwerer. Typische Erreger sind vor allem Parvovirus B 19 und Herpes Viren, seltener Influenza (Grippe)- und Coxsackie-Viren. Neben der akuten viralen Myokarditis aufgrund einer Infektion wird in der Medizin noch eine autoimmune (autoreaktive) Myokarditis unterschieden. Hierbei lässt sich kein ursächlicher Erreger für die Entzündungsprozesse im Herzmuskelgewebe finden, sondern körpereigene Immunzellen greifen fälschlicherweise den Herzmuskel an. Eine Coronavirus-Infektion kann auch das Herz angreifen und in einigen Fällen zu einer Myokarditis führen. Auch Bakterien und Pilze können, allerdings sehr selten, eine Myokarditis verursachen. Infos: https://herzstiftung.de/herzmuskelentzuendung
Typisch für Myokarditis: Mehrdeutige Symptome
„Ein Problem sind die mehrdeutigen Beschwerden bei der viralen Myokarditis, weil Betroffene Müdigkeit, Abgeschlagenheit oder Kurzatmigkeit auf den Infekt zurückführen, ohne an eine Beteiligung des Herzens zu denken“, berichtet Prof. Voigtländer und erklärt: „Schmerzen hinter dem Brustbein und Herzrasen können, müssen aber keineswegs auftreten.“ Anzeichen einer Herzbeteiligung, die am häufigsten anzutreffen sind:
- Müdigkeit,
- Abgeschlagenheit,
- Kurzatmigkeit oder
- Engegefühl in der Brust bzw. Schmerzen hinter dem Brustbein oder
- Herzstolpern (bei etwa jedem fünften Betroffenen).
Bei diesen Symptomen sollte man umgehend zum Arzt, der bei Verdacht auf eine Beteiligung des Herzens neben der Anamnese und einer körperlichen Untersuchung, ein EKG, eine Ultraschalluntersuchung des Herzens und eine Blutuntersuchung vornehmen wird. Lässt sich mit den aufgeführten Untersuchungen eine Beteiligung des Herzens nicht zweifelsfrei nachweisen oder ausschließen, ist als nächster Schritt eine Kernspintomographie (Kardio-MRT) des Herzens erforderlich. Besondere ärztliche Aufmerksamkeit ist bei Patienten mit Myokarditis und Synkopen (plötzlich kurzzeitige Bewusstlosigkeit), Attacken von Schwindelgefühl, Herzklopfen und Herzstolpern geboten. „Diese Patienten sind besonders gefährdet, einen plötzlichen Herztod zu erleiden“, warnt der Herzspezialist.
Behandlung einer Herzmuskelentzündung: Schonen und Ruhe
Patienten sollten während der akuten Phase einer Myokarditis im Bett bleiben und anschließend in aller Regel mindestens drei Monate lang auf Sport beziehungsweise Schulsport verzichten. Körperliche Aktivitäten ohne Anstrengung wie z. B. Spazierengehen sind allerdings möglich. Heutzutage kann auch mittels Magnetresonanztomographie (MRT) nach drei Monaten untersucht werden, inwieweit Hinweise für eine akute Entzündung bestehen. Mit diesen Informationen kann dann sehr individuell entschieden werden, wie die Aufnahme von Belastungen erfolgen kann. „Selbst bei leichten Formen der Herzmuskelentzündung ist zunächst Schonung wichtig, um Komplikationen zu vermeiden. Sport und körperliche Anstrengung sollten erst wieder stattfinden, wenn sich die Herzfunktion komplett erholt hat. Dies sollte die behandelnde Ärztin oder der Arzt mit einer kardiologischen Kontrolluntersuchung, die ein Belastungs-EKG einschließt, bestätigen“, erklärt der Herzstiftungs-Vorsitzende.
Wie lange nach einem Infekt bis zum sportlichen Neustart pausieren?
Damit es bei einem Infekt oder einer Influenza gar nicht erst zu einer Herzbeteiligung kommt, sollte man generell auf Sport für die Dauer der Erkrankung verzichten. Der Körper ist in dieser Phase geschwächt. „Wie lange die Sportpause sein sollte, lässt sich pauschal nicht sagen, weil jeder Infekt unterschiedlich verläuft und sich jeder Betroffene individuell unterschiedlich schnell erholt“, sagt der Sportkardiologe Prof. Dr. med. Jürgen Scharhag vom Wissenschaftlichen Beirat der Deutschen Herzstiftung. Meist liege man bei einem gewöhnlichen grippalen Infekt der oberen Atemwege mit einer Pause zwischen sieben und 14 Tagen richtig. Bei einer Influenza sollte man mindestens 14 Tage pausieren. „Bis zu einem sportlichen Neustart mit zunächst niedrigen Belastungsintensitäten sollten wenigstens zwei bis drei symptomfreie Tage vorliegen.“
Die meisten Infektionen der oberen Atemwege werden nicht durch Influenzaviren, sondern durch andere Viren wie Adeno- oder Rhinoviren hervorgerufen. Man spricht hier von einem grippalen Infekt im Unterschied zur Grippe (Influenza) – auch wenn mitunter die Symptome ähnlich sind. „Auch diese Viren können eine Herzmuskelentzündung begünstigen, vor allem, wenn sich der Erkrankte nicht genügend schont und auskuriert“, betont Scharhag.
Wichtig besonders für Herzkranke: Grippeimpfung zum Schutz vor Herzbeteiligung
„Eine Grippeimpfung ist gerade für Herzpatienten in jedem Fall ratsam. Denn eine echte Grippe, die Influenza, wirkt sich bei etwa jedem zehnten Erkrankten auch auf das Herz aus. Unter anderem kann eine Myokarditis die Folge sein“, sagt Prof. Scharhag, der die Professur für Sport- und Leistungsphysiologie am Zentrum für Sport- und Bewegungswissenschaft und Universitätssport der Universität Wien innehat. Daher sind ohnehin Herzkranke bei einer Grippe eher gefährdet, dass es zu weiteren Herzproblemen kommt. Mit einer Impfung gegen Grippe (Influenzaviren) lässt sich die Erkrankungswahrscheinlichkeit oder zumindest die Schwere einer Influenza verringern – und damit auch das Risiko einer Herzmuskelentzündung.
Generell sind bei Erkältung, grippalem Infekt oder Grippe folgende Punkte zu beachten
- Je stärker der Infekt war, desto länger die Pause.
- Bereits bei leichten Symptomen wie Halsschmerzen, Schnupfen oder Husten auf Sport und Training verzichten.
- Bei Gliederschmerzen oder Fieber ist körperliche Schonung erforderlich und Sport absolut tabu.
- Sind die Beschwerden/Symptome weg und es besteht wieder eine gute Leistungsfähigkeit im Alltag (z.B. erkennbar beim Treppensteigen), kann sanft mit lockerem bzw. erholsamem Training gestartet und dieses behutsam nach Befindlichkeit über ein bis zwei Wochen gesteigert werden. Dabei immer auf den eigenen Körper achten und z.B. den Puls kontrollieren.
- Bei Mattigkeit/Energielosigkeit mit dem Sport lieber noch warten. Und bei Unklarheiten hinsichtlich der Belastbarkeit sicherheitshalber beim Arzt vorstellen.
- Wurde eine Herzbeteiligung/Myokarditis festgestellt, muss mindestens drei Monate pausiert werden und die Sporttauglichkeit von einem Sportkardiologen u. a. mit Ruhe-EKG, Herzultraschall und Belastungs-EKG beurteilt werden. Bei regelrechten Befunden kann dann wieder mit dem Sport begonnen werden.
Service
Infos rund das Thema Myokarditis bietet die Herzstiftung unter https://herzstiftung.de/herzmuskelentzuendung
Infos zur Herzinsuffizienz bietet die Herzstiftung unter https://herzstiftung.de/herzschwaeche
Eine Sprechstunden-Antwort bietet die Herzstiftung unter https://herzstiftung.de/sport-nach-erkaeltung
Eine Patientin berichtet hautnah, wie ein neues Spenderherz ihr Leben rettete https://herzstiftung.de/patientenstimme-myokarditis
Die Herzwochen stehen unter dem Motto „Stärke Dein Herz! Herzschwäche erkennen und behandeln“ und richten sich an Patienten, Angehörige, Ärzte und alle, die sich für das Thema Herzschwäche interessieren. An der Aufklärungskampagne beteiligen sich Kliniken, niedergelassene Kardiologen, Krankenkassen und Betriebe. Infos zu Patienten-Seminaren, Online-Vorträgen, Telefonaktionen und Ratgeber-Angeboten (Text, Video, Podcast) sind unter https://herzstiftung.de/herzwochen abrufbar oder per Tel. 069 955128-400 zu erfragen.
Fotomaterial kann unter Tel. 069 955128-114/-140 oder unter [email protected] angefordert werden
Experte
Prof. Dr. med. Thomas Voigtländer, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Herzstiftung e.V., Ärztlicher Direktor des Agaplesion Bethanien-Krankenhauses Frankfurt a. M. und Mitglied im Cardioangiologischen Centrum Bethanien (CCB) Frankfurt a. M. Zu den Schwerpunkten des Herzspezialisten zählen u. a. die interventionelle Kardiologie und nichtinvasive Bildgebung.
Experte
Univ.-Prof. Dr. med. Jürgen Scharhag, Kardiologe und Univ.-Prof, Leiter der Abteilung Sportmedizin, Leistungsphysiologie und Prävention am Institut für Sportwissenschaft der Universität Wien und Mitglied im Wissenschaftlichen Beirat der Deutschen Herzstiftung. Facharzt für Innere Medizin und Kardiologie, Sportmedizin, Sportkardiologie DGK (Stufe 3), Physikalische Therapie und Balneologie.
Kontakt
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